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Nr. 98, Juni 2017 - Internationales

Frankreich: Eine neue Partei… damit alles beim Alten bleibt

Wie sich im 1. Wahlgang der französischen Parlamentswahlen angedeutet hat, wird die neue Partei von Präsident Macron höchstwahrscheinlich die absolute Mehrheit der Sitze im Parlament ergattern. Medien und Politiker erzählen uns, dies zeige, wie sehr die französische Bevölkerung hinter ihrem neuen Präsidenten stehe.

In Wahrheit hat Macron vor allem gesiegt, weil die beiden großen Parteien – die Konservativen und mehr noch die Sozialdemokraten – regelrecht abgestürzt sind. Über die Hälfte der Bevölkerung ist außerdem gar nicht wählen gegangen. In den Arbeitervierteln, wo kaum einer Illusionen in Macron hat, war die Wahlbeteiligung noch niedriger.
Nur dem undemokratischen Wahlsystem in Frankreich und der niedrigen Wahlbeteiligung ist es geschuldet, dass Macron mit den Stimmen von gerade mal 15,4% der Wahlberechtigten wohl um die 400 der rund 550 der Sitze im Parlament bekommt.

Macron hat mit seinem Wahlsieg die kapitalistische Klasse aus einer politischen Krise gerettet. Bislang hatten sich immer die beiden großen Parteien an der Regierung abgewechselt. Dieser regelmäßige Wechsel verschleierte lange, dass eigentlich alles gleich blieb. Beide Parteien machten Politik für die eigentlichen Machthaber: die Kapitalisten. Doch mittlerweile haben sich beide Parteien so sehr abgenutzt, dass das übliche parlamentarische Spiel nicht mehr funktionierte.
Macron ist es gelungen, der kapitalistischen Klasse eine neue, verjüngte Mannschaft zur Verfügung zu stellen. Eine neue Partei, die das Gefühl vermittelt, alles ändere sich… damit in Wahrheit alles beim Alten bleiben kann.

Und Macrons erste Handlung besteht eben darin, mit seiner Mannschaft aus Managern, Anwälten und recycelten Politikern der alten Parteien die Angriffe auf die Arbeiter fortzusetzen, die die letzte Regierung begonnen hat.
Bereits in den nächsten Monaten will er ohne Abstimmung im Parlament per Dekret durchsetzen, dass Betriebe über Betriebsvereinbarungen Arbeitsverträge einführen können, in denen es quasi gar keinen Kündigungsschutz mehr gibt und die zum Beispiel längere Befristung und längere Arbeitszeiten ermöglichen, als das Arbeitsgesetz eigentlich erlaubt. Und das soll erst der Anfang sein!

Während sich an der Regierung die Feinde der Arbeiter die Klinke in die Hand geben, können die Arbeitenden ihre Meinung zu den Angriffen und vor allem ihren Widerstand aber auf anderem Weg zum Ausdruck bringen: durch Kämpfe in den Betrieben und auf der Straße.
Um diese notwendigen Kämpfe gegen die Regierung politisch vorzubereiten, sind unsere Genossen von Lutte Ouvrière bei den Wahlen angetreten.

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