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Nr. 121, Juli 2019 - Ihre Gesellschaft

 EU-Spitzenposten: ein Abbild der zerrissenen Europäischen „Union“

Wochenlang hat es gedauert, bis sich die 28 EU-Staatschefs mühsam darauf geeinigt hatten, wer nach der EU-Wahl die Spitzenposten in der EU bekommen soll.

Wie immer hatten die beiden Großmächte der EU, Deutschland und Frankreich, sich im Vorfeld abgesprochen und erwartet, dass die übrigen Staatschefs ihrem Vorschlag zustimmen. Doch die rechten Staatschefs Italiens und der osteuropäischen Staaten hatten ihn abgelehnt: Es war eine Gelegenheit für sie zu zeigen, dass sie sich nicht immer dem Willen der Großmächte unterwerfen.

Ihren zweiten Vorschlag haben Deutschland und Frankreich dann mit einigen Drohungen und Machtworten durchgesetzt: Die Deutsche von der Leyen soll EU-Kommissionschefin werden, die Französin Lagarde Vorsitzende der Europäischen Zentralbank. Das EU-Parlament muss diesen Vorschlag aber noch bestätigen… und so geht der Zirkus nun von vorne los.

Die Europäische Union ist aus wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus entstanden. Nur so können vor allem die deutschen und französischen Kapitalisten überhaupt mit ihren amerikanischen und asiatischen Rivalen konkurrieren. Doch der EU ist es nie gelungen, die Rivalitäten zwischen den französischen, deutschen, britischen, italienischen Kapitalisten und ihren jeweiligen Staaten zu überwinden.
Die Wirtschaftskrise heizt diese Rivalitäten weiter an und verstärkt das Risiko von Spaltung und Zerfall der Europäischen Union. Die Schwierigkeiten, sich bei der Besetzung der EU-Spitzenposten zu einigen, sind ein Ausdruck dieser Entwicklung; der Brexit ist ein weiterer.

Dabei ist die Vereinigung Europas eine Notwendigkeit. Die nationalen Wirtschaften aller europäischen Länder hängen voneinander ab und sind tief miteinander verflochten. Die Konzerne haben ihre Produktion längst im europaweiten Maßstab organisiert. Auch viele mittelständische Betriebe produzieren für den gesamten europäischen Markt und darüber hinaus. Ganz zu schweigen davon, dass die Bevölkerungen Europas seit Jahrhunderten eine gemeinsame Geschichte haben.

Immer deutlicher aber wird, dass der Kapitalismus unfähig ist, Europa zu vereinen. Dafür werden die Arbeitenden in ganz Europa die herrschenden Konzerne und Banken enteignen müssen – und damit auch endlich die Grenzen und die sozialen Ungleichheiten in Europa beseitigen.

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