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Nr. 16, Dezember 2009 - Leitartikel

Warum sind die Städte im Ruhrgebiet pleite?

Oberhausen muss die Kindergartengebühren für die Eltern um 20% erhöhen. Duisburg muss sie für Geschwisterkinder wieder einführen. Und Essen darf das Freibad Hesse nicht einfach erhalten. Das hat die Regierung in Düsseldorf entschieden: Städte, die so überschuldet sind, dürften sich solche „Abenteuer“ nicht leisten.

Ja, in all den überschuldeten Städten wird jedes Schwimmbad, jedes Angebot für Kinder, jede Straßenbahn, aber auch jeder neue Arbeitsplatz und jede Übernahme von Azubis ein „unbezahlbares Abenteuer“. Und die Zahl der Städte, die unter den Schulden ersticken, steigt ständig. 2009 hatten bereits über 50% der Großstädte eine Haushaltssperre.

Dabei spielen die Kommunen eine wichtige Rolle im Leben der Menschen: Sie organisieren Müllabfuhr und Nahverkehr, Straßenbau und Kinderbetreuung, soziale Einrichtungen und Hilfen ebenso wie günstige Freizeitangebote. Doch unter der ständigen Drohung des Bankrotts wird dies alles nach und nach kaputt gespart. Und das erschwert das tägliche Leben der gesamten einfachen Bevölkerung immer weiter.

Milliarden für die Banken

Seit Jahren übertragen Bund und Länder den Städten immer mehr Aufgaben, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung oder HartzIV. Aber ausreichend Gelder dafür haben die Regierungen ihnen nie übertragen.
Im Gegenteil, sie haben den Anteil der Städte an den Steuereinnahmen noch verringert. Und den Unternehmen haben sie ermöglicht, deutlich weniger Gewerbesteuer zu zahlen. Dadurch ist die Gewerbesteuer, früher die wichtigste Einnahmequelle der Städte, drastisch zusammengeschrumpft.
So blieb und bleibt den Städten nur, die Gebühren zu erhöhen, zu privatisieren, überall zu sparen und... Schulden zu machen.
Natürlich haben sie nie das Geld, diese Schulden zurückzuzahlen. Sie sind schon überlastet damit, jedes Jahr die saftigen Zinsen für die Banken aufzubringen. Oft müssen sie neue Kredite aufnehmen, nur um die Zinsen der alten zu bezahlen. So geraten viele Städte immer weiter in den Abgrund.

Die Banken verdienen mit der Not der Städte viele Milliarden. Eine Stadt wie Essen zahlt alleine 150 Millionen Euro Zinsen im Jahr. Rechnet man nur die bereits gezahlten Zinsen zusammen, so haben die Städte ihre Schulden 10 mal abgezahlt. Doch die Banken lassen sie weiter bluten.

Wären die Bürgermeister und Stadtpolitiker wirklich „Volksvertreter“, dann würden sie offen die Gründe für die dramatische Verschuldung nennen und zumindest versuchen, die Bevölkerung dagegen zu mobilisieren. Doch die meisten sind solidarischer mit dem Staat und mit ihrer Karriere, als mit der Bevölkerung ihrer Städte. Sogar das wenige Geld, über das sie verfügen, stecken sie lieber in schicke Großprojekte, statt in die Arbeiterstadtteile.

Wer bezahlt die Folgen der Krise?

Mit der Krise wird es noch schlimmer: Die Zahl der Arbeitslosen und Armen steigt und damit die Ausgaben der Kommunen. Gleichzeitig sinken die Steuereinnahmen. Schon hagelt es neue schlimme Sparpläne: Schulschließungen in Bochum, massiver Stellenabbau in Essen,...

Auch auf diese Weise bezahlt die einfache Bevölkerung die Krise. Die Unternehmen entlassen, zahlen weniger Steuern und bekommen Hilfen, um ihre Gewinne zu erhalten. Und die Kosten hiervon müssen unter anderem die Städte tragen und damit die ärmere Bevölkerung.

Das darf nicht endlos weiter gehen! Für die Krise müssen endlich ihre Verursacher aufkommen, die spekulierenden Banken, Konzerne und Großaktionäre. Und als erstes müssen die Zinszahlungen an die Banken eingestellt werden.
Die haben mehr als genug an den Krediten der Städte verdient, ganz zu schweigen von all dem öffentlichen Geld, dass man ihnen seit Beginn der Krise in den Rachen geworfen hat.

Nur so kann man die Städte aus der Zwangsjacke der Schulden befreien und das öffentliche Geld einsetzen, wofür es eigentlich da sein sollte: für die Belange der Bevölkerung.

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