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Nr. 148, November 2021 - Internationales

Polen/Belarus: Die geschlossenen Grenzen führen in die Barbarei

Rund 4.000 Migranten aus dem Irak, Jemen und Afghanistan waren seit Wochen in den Wäldern an der Grenze zwischen Polen und Belarus gefangen. Zehn von ihnen sind gestorben. Denn die polnische Armee hat sie immer wieder gnadenlos und mit brutaler Gewalt ins Grenzgebiet zurückgetrieben.
 
Der belarussische Präsident Lukaschenko hat die Migranten unter falschen Versprechungen an die Grenze gebracht. Er missbraucht sie auf widerliche Weise als Druckmittel, damit die EU Sanktionen zurücknimmt und wirtschaftliche Abkommen trifft.
Die polnische Regierung ihrerseits will die Flüchtlinge lieber dort sterben lassen, als dass sie einen Fuß in die EU setzen. Sie hindern sogar Hilfsorganisationen daran, die Flüchtlinge auch nur mit dem Nötigsten zu versorgen.

Tausende Menschen haben in Polen gegen die grausame Politik ihrer Regierung protestiert. Die deutsche Regierung und die anderen EU-Staaten hingegen unterstützen sie – unter dem Vorwand, man dürfe sich von Lukaschenko nicht erpressen lassen. Doch Lukaschenko kann die EU nur deshalb erpressen, weil diese sich mit allen Mitteln abzuschotten versucht und dabei die Regierungen von Ländern wie der Türkei, Libyen oder Belarus als Handlanger benutzt, um die Flüchtlinge für sie aufzuhalten.
 Die EU-Regierungen gehen sogar so weit und vergleichen die Migranten mit „Armeen, die man gegen Europa wirft“. Aber diese Frauen, Männer und Kinder sind keine feindlichen Soldaten. Sie sind Arbeiter*innen, Sekretär*innen, Techniker*innen oder Ärzt*innen. Diejenigen, die es nach Europa schaffen, sind morgen unsere Kolleg*innen. Sie werden im Hotel- und Gaststättengewerbe, auf dem Bau oder in Paketdiensten arbeiten, werden Leiharbeiter*innen in der Industrie sein oder LKWs fahren. Andere werden die Menschen in den Krankenhäusern und Pflegeheimen versorgen oder unsere Kinder erziehen.

Diese Frauen und Männer gehören zu uns. Sie werden mit uns leben und arbeiten. Es ist wichtig, dass sie wissen, dass sie in der Arbeiterklasse willkommen sind.

Es gibt schon zu viele Tote und zu viel Horror entlang der Fluchtrouten, zu viele Lager des Schreckens in Libyen oder Griechenland! Einige tausend Flüchtlinge mehr würde man in Europa nicht einmal bemerken. Dieser reiche Kontinent mit seinen 450 Millionen Einwohnern könnte ohne Probleme auch Hunderttausende aufnehmen. Ihre Politik der Abschottung hingegen führt uns letztlich alle in die Barbarei.

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