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Nr. 115, Januar 2019 - Leitartikel

Flughafen-Streik: Die richtige Antwort auf Auslagerung, Stress und niedrige Löhne!

„20 Euro Stundenlohn für alle – bundesweit.“ Massiv haben sich die Arbeiter, die an den Flughäfen Gepäck und Passagiere kontrollieren, an den Streiktagen für diese Forderung beteiligt, zu denen die Gewerkschaft ver.di aufgerufen hat. Oft konnten nur die Hälfte, teils kein einziges Flugzeug starten.
Die Arbeiter, die heute brutto zwischen 14 und 17 Euro die Stunde verdienen, kämpfen dafür, sich ein Stück weit den Lohn zurückzuholen, den man ihnen in den letzten Jahrzehnten gestohlen hat.

Noch in den 90ern gehörten die Sicherheitskontrollen zum Öffentlichen Dienst und wurden meist von Beamten durchgeführt. Doch dann wurden sie an private Sicherheitsfirmen (wie Kötter oder Securitas) ausgelagert – mit drastischen Verschlechterungen für die Arbeiter.
Die Löhne wurden regelrecht halbiert, das Personal zusammengespart. Ständig Stress, unmögliche, chaotische Schichtzeiten, die sie oft erst kurzfristig erfahren... und dann reicht am Monatsende das Geld nicht. Viele sind befristet und haben Angst um ihren Job.

Es gibt wohl keinen Konzern und keinen Bereich des Öffentlichen Dienstes, wo nicht zig Abteilungen unter ähnlichen Bedingungen ausgelagert oder privatisiert wurden. Wie bei den Paketboten, einst Postbeamte, die heute zum Teil 10, 11 Stunden am Tag für weniger als den Mindestlohn schuften. Oder den Leiharbeitern der Subfirmen, die in Chemie- oder Autowerken mit unsicheren Verträgen für weniger als die Hälfte des Lohns eines Festangestellten arbeiten.

Doch es gibt auch immer wieder Momente, in denen die Unsicherheit, die Ungerechtigkeit und der Druck in Wut umschlägt. Wie bei den ausgelagerten Putzfrauen, Servicekräfte und Physiotherapeuten, die in den letzten Monaten an mehreren Krankenhäusern gestreikt haben. Oder eben an den Flughäfen.
Hier haben die Kontrolleure in den letzten Jahren bereits mehrfach für höhere Löhne gestreikt. Diese Erfahrungen haben dazu beigetragen, dass sie heute das Selbstvertrauen haben, im ganzen Land zusammen für 20 Euro Stundenlohn zu kämpfen – und damit zwischen 20 und 40% Lohnerhöhung zu fordern.

Die Bosse der Sicherheitsfirmen geifern, es wäre unverschämt, so viel Lohn für eine Arbeit zu verlangen, für die man keine Ausbildung bräuchte, sondern „nur“ angelernt werden müsse. Die Arbeiter haben ihnen die beste Antwort gegeben. Sie haben sie spüren lassen, was passiert – oder besser gesagt was alles nicht mehr passiert, wenn all die „nur“ Angelernten aufhören zu arbeiten.

Ja, ohne uns Arbeiterinnen und Arbeiter läuft nichts. Wir alle sind die vielen Räder, die gemeinsam die Betriebe und die gesamte Gesellschaft am Laufen halten. Am Flughafen braucht es Arbeitende, die die Flugzeuge und die Hallen putzen, die das Gepäck einladen, die die Flugzeuge kontrollieren und reparieren, die neue Flugzeuge bauen, die neue Flugzeuge entwickeln... Und so ist es in der gesamten Gesellschaft.

Würde man die Löhne nach dem gesellschaftlichen Nutzen festlegen, dann müsste man alle alles genau umgekehrt machen: Die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken, Flughäfen, Krankenhäusern, Lagern oder Supermärkten würden die Gehälter der Vorstände bekommen – und die Kapitalisten (höchstens) den Lohn einer Arbeiterin!

Wir Arbeitenden haben jedes Recht, Forderungen zu stellen und für unsere Interessen zu kämpfen. Wir haben auch keine andere Wahl. Denn in dieser Gesellschaft heißt es: sie – oder wir.
Die kapitalistische Klasse wird nicht aufhören, uns anzugreifen. Dieser Kampf, der Kampf der kapitalistischen Klasse, uns mehr auszubeuten, um auf unserem Rücken ihre Gewinne zu erhöhen, ist ein untrennbarer Bestandteil des kapitalistischen Systems. Auch in den letzten fünf Jahren, wo sie uns ständig erzählt haben, wie toll die Wirtschaft läuft, haben sie weiter Stellen abgebaut, ausgelagert und unsere Arbeitsbedingungen verschlechtert. Allein in der letzten Woche haben VW, Ford und Tengelmann angekündigt, zusammen über 10.000 Arbeitsplätze in Deutschland zu vernichten – alles drei Konzerne mit Milliardengewinnen!

Und je mehr ihre Gesellschaftsordnung die Welt in Armut, Handelskriege und Kriege stürzt, je schlimmer die weltweite Wirtschaftskrise wird, desto heftiger werden sie angreifen. Schon jetzt hört man immer häufiger vom Handelskrieg, von den wirtschaftlichen Problemen in China, dem Rückgang des Wirtschaftswachstums in Deutschland, den Gefahren des Brexit... und dass all dies „selbstverständlich“ Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben werde.

Für die Kapitalisten ist es selbstverständlich, dass wir Arbeiter für die Probleme ihrer Wirtschaft bezahlen, damit diese kleine Handvoll Kapitalisten, die sich auf unserem Rücken unfassbar bereichert hat, ihre Gewinne behalten und sich weiter bereichern kann!

Auch die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hat als erste Amtshandlung gefordert, dass man den Unternehmen wegen der wirtschaftlichen Sorgen die Steuern senken müsse. Viele ärmere Arbeiter, alleinerziehende Mütter, Rentner kämpfen täglich mit existenziellen Sorgen und bekommen immer weniger Unterstützung vom Staat. In den Krankenhäusern, bei der Bahn, in den Altenheimen herrschen katastrophale Zustände, weil das Geld vorne und hinten fehlt. Und für sie alle soll noch weniger Geld da sein, weil die CDU dieses Geld den Konzernen und Milliardären, den Reichsten der Reichen schenken will!

Ja, die herrschende Klasse führt den Klassenkampf, den Kampf der kapitalistischen Klasse gegen die arbeitende Klasse. Sie führt ihn konsequent und mit klaren Zielen. Wir, die Arbeitenden werden dies ebenfalls tun müssen.

Das Rote Tuch
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