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Nr. 45, September 2012 - Leitartikel

Wie wäre es, mal bei den Kapitalisten zu sparen?

Mehreren eintägigen Streiks und ihrer spürbaren Entschlossenheit haben es die 19.000 Flugbegleiter der Lufthansa zu verdanken, dass die Lufthansa einen ersten offiziellen Rückzug gemacht hat. Sie hat erklärt, bei der Lufthansa solle es auf absehbare Zeit keine Leiharbeit mehr geben. Die bisherigen Leiharbeiter werden fest eingestellt.

Dabei tun Unternehmer und Regierung in der heutigen Zeit alles, um die Leiharbeit immer weiter auszuweiten. Sie würden normale Festverträge und jeden Kündigungsschutz am liebsten ganz abschaffen. Und jeder Rückzug, zu dem ein Unternehmen bei diesem Angriff gezwungen wird, ist auch ein Sieg für alle Arbeitenden.

Allerdings ist Vorsicht geboten. Denn nun soll alles Weitere in einer Schlichtung geregelt werden. In einer Schlichtung aber gibt es keine Streiks, das heißt die Unternehmer spüren weniger den Druck der Arbeiter und nicht den Druck von Streiks, und werden daher schnell wieder kompromissloser. So lässt die Lufthansa keine Gelegenheit aus zu betonen, wie schlecht angeblich „die wirtschaftliche Lage“ sei und dass sie unbedingt die Löhne senken müsste.

Die Manager der Lufthansa haben sogar die Frechheit, den festangestellten Flugbegleitern vorzuwerfen, ihre hohen, „privilegierten“ Löhne würden das Unternehmen in den Ruin treiben. „Privilegierte“ nennen sie das, wenn man als Stewardess mit Schicht, Wochenendarbeit und vielen Nächten außer Haus seine Laufbahn mit nur 1780 Euro brutto beginnt und bis zur Rente gerade einmal auf das Doppelte kommt? Dieselben Manager geben solche Summen pro Tag und nicht pro Monat aus!

Wenn man sie hört, dann sind es immer die Arbeitenden, die „zu viel kosten“ würden, deren Löhne angeblich die Firmen ruinieren würden. Dabei ist es genau umgekehrt. Die Arbeitenden kosten gar nichts, im Gegenteil: Sie sind das produktive Glied der Firma, sie bringen dem Betrieb seinen ganzen Reichtum ein. Nur dank ihrer Arbeit kann ein Betrieb Produkte herstellen, verkaufen und Profit machen… und diesen Profit stecken sich dann dessen Kapitalisten in die Tasche.

Und damit diese Reichsten der Reichen immer noch reicher werden, schröpft man überall die Arbeitenden: Man senkt ihre Löhne, laugt die einen bis zum Anschlag aus und wirft die anderen in die Arbeitslosigkeit, stellt sie nur noch leihweise ein…
Mit all ihren Maßnahmen haben die Kapitalisten es heute schon geschafft, dass die einzige produktive, nützliche Klasse dieser Gesellschaft, die arbeitende Klasse zu einem immer größeren Teil in Armut zu versinken droht, entweder schon als Jugendliche oder als Rentner, dazwischen als Leiharbeiter, als Niedriglöhner, als Entlassener bei Schlecker oder RWE…

Und den ganzen Gewinn, den sie durch unsere Ausbeutung machen, verwenden sie für nichts Sinnvolles, nicht um neue Firmen zu bauen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen… Nein, sie verprassen es für Luxus oder kaufen andere Firmen auf, und vor allem spekulieren sie damit an der Börse. Für so was verschlechtern sie täglich unser Leben!

Diese profitgierige und unnütze Klasse der Kapitalisten, die ist der wirkliche, ungeheure Kostenfaktor, der die Arbeitenden und die gesamte Gesellschaft teuer zu stehen kommt.

Wir Arbeitenden dürfen uns also nicht einwickeln lassen, wenn viele Firmen von „schlechterer Wirtschaftslage“ und Krise reden. Wir dürfen nicht vergessen, dass die 10% Reichsten, die die Unternehmen und Banken besitzen, keine Krise haben, sondern im Gegenteil immer reicher werden: Diese 10% besitzen mittlerweile 66% des Vermögens in Deutschland.

Es wird daher immer dringender, dass wir Arbeitenden gegen die Krisenstrategie der Kapitalisten unsere Forderungen stellen. Die Arbeitenden bei der Lufthansa haben richtige Wege aufgezeigt: Wir müssen die Umwandlung aller Leih-, Werks- und befristeten Verträge in feste Vollzeitstellen durchsetzen – und zwar zu anständigen Tariflöhnen, die auch der Preissteigerung folgen. Geld dafür haben die Kapitalisten genug.

Und es gibt nur eine Sprache, die die Unternehmer und Regierungen dabei verstehen: Sie müssen zu spüren bekommen, dass – wenn wir nicht arbeiten – kein Flug geht, kein Zug und kein LKW fährt, keine Fabrik, kein Geschäft und kein Krankenhaus läuft, und dass sie dann auch nicht einen Cent Profit machen. Und je zahlreicher und geschlossener wir Arbeitenden wieder anfangen, in dieser Sprache zu sprechen, desto größer wird unsere Kraft und unser Gewicht, um den heutigen Lauf der Dinge endlich umzukehren.

Das Rote Tuch
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