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Nr. 79, Oktober 2015 - Ihre Gesellschaft

TTIP: Ein Gesetz für die Konzerne, aber auch nicht mehr

Zwischen 150.000 und 250.000 Menschen haben am 10.Oktober in Berlin gegen das Freihandelsabkommen TTIP demonstriert. Die Demonstranten befürchten zu Recht, dass das Abkommen nichts Gutes für die Bevölkerungen bringen wird. Nicht umsonst finden die Verhandlungen darüber völlig im Geheimen statt. Denn wenn die großen kapitalistischen Staaten solche Handelsabkommen vereinbaren, dann tun sie dies im Interesse ihrer Konzerne und damit fast zwangsläufig auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung.

So ist es zum Beispiel wahrscheinlich, dass die Herrschenden TTIP als Gelegenheit nutzen wollen, um zum Beispiel Umwelt-, aber vielleicht auch Arbeitsgesetze zwischen der EU und den USA „zu vereinheitlichen“… und damit meinen sie natürlich, sie nach unten, an die schlechtesten Gesetze anzugleichen.

Doch anders, als viele Organisatoren der Proteste behaupten, ist TTIP kein Diktat der USA und ihrer Konzerne mit dem Ziel, die Staaten und Unternehmen in Europa zu „zwingen“, auf ihre „guten“ Umwelt- und Sozialstandards zu verzichten. Erstens hat bei weitem nicht immer die USA die schlechteren Gesetze. Und vor allem: Sollen wir ernsthaft glauben, man müsste deutsche Konzerne wie VW, LIDL oder Adidas erst mit TTIP „zwingen“, Umweltschutz, Arbeitsbedingungen und gewerkschaftliche Rechte zu verschlechtern? Als ob sie in den letzten Jahren irgendwas anderes täten!

Solche nationalistischen Ideen, die die bösen Unterdrücker nur im Ausland sehen und unsere eigenen Ausbeuter vor der Haustür als Opfer und unsere Leidensgenossen darstellen, sind ganz sicher nicht im Interesse der Arbeitenden. Und ebenso wenig sind es Demonstrationen, die solche Ideen verbreiten.

TTIP „zwingt“ die Regierungen auch nicht, zu privatisieren und Gesetze im Interesse der Unternehmen zu machen. Das machen die Regierungen auch ohne TTIP. Nein, Abkommen wie TTIP sind nicht die Ursache für die Angriffe auf die einfache Bevölkerung. Sie sind nichts als eine zusätzliche Hilfe für die Regierungen, um im Sinne der Kapitalisten zu regieren.

Diejenigen, die hoffen, sie verhindern Verschlechterungen, indem sie das TTIP Abkommen verhindern, laufen daher in eine Sackgasse. Nicht TTIP verleiht den europäischen und amerikanischen Konzernen die Macht, den Staaten ihren Willen zu diktieren, uns auszubeuten und Arbeits-, Umwelt-, Lebensbedingungen zu verschlechtern – sondern die Tatsache, dass sie im Kapitalismus die Fabriken, die Banken, den Boden und das Geld besitzen, und damit alle wesentlichen Hebel der Macht.
Diese kapitalistischen Eigentumsverhältnisse muss man in Frage stellen, wenn man irgendetwas verändern will.

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