Startseite > Das Rote Tuch > 137 > Ob Trump oder Biden: Die Wall Street gewinnt immer

Nr. 137, November 2020 - Leitartikel

Ob Trump oder Biden: Die Wall Street gewinnt immer

Trump wurde also von den US-Wählern auf den Golfplatz und in seine Casinos zurückgeschickt. Vier Jahre lang ist er die Verkörperung der kapitalistischen Politik in ihrer geldgierigsten und brutalsten Form gewesen.

Damit die Geschäfte laufen und den Unternehmern kein Cent Profit entgeht, hat er jede Einschränkung zur Eindämmung des Coronavirus abgelehnt, sogar einfachste Maßnahmen wie Maske tragen und Abstand halten. So hat er zur Verbreitung des Virus und einem Massensterben beigetragen – vor allem unter den ärmsten Teilen der Arbeiterklasse. In der jüngsten Wirtschaftskrise haben Millionen ihre Arbeit verloren und vielen droht der Verlust ihrer Wohnung. 40 Millionen überleben nur mit Lebensmittelspenden. Trump hat alledem seelenruhig zugesehen, während er den Kapitalisten massiv die Steuern gesenkt und ihre Profite weiter gesteigert hat.

Falls sich jemand fragt, welche Politik wir von einer AfD an der Regierung zu erwarten hätten: Ihr gleichgesinnter Kollege Trump hat es uns in den letzten vier Jahren vorgeführt. Und auch, welche Gefahr diese Leute für uns Arbeitende darstellen.
In den USA können wir erleben, was deren ständige rassistische Demagogie anrichten kann. Trump hat weiße Arbeiter gegen schwarze Arbeiter und Migranten aufgehetzt. Er hat die Spaltung unter den Arbeitern noch verschlimmert. Und dies zu einem Zeitpunkt, wo die Arbeitenden so dringend zusammenhalten müssten, um sich gegen die Angriffe der Kapitalisten und Regierung in der Krise zu verteidigen.

Trumps Hetze hat außerdem rechtsradikale Milizen ermutigt, offener aufzutreten und zu Taten zu schreiten. Im Sommer haben sie Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt mit Waffen angegriffen und mehrere Demonstranten umgebracht. Sie haben Schwarze gelyncht und an Bäumen aufgehängt. Und in den letzten Wochen sind sie vor Wahllokalen aufmarschiert und haben gedroht, „ihren“ Präsidenten Trump mit Gewalt durchzusetzen.
Ermutigt davon, dass Trump 71 Millionen Stimmen bekommen hat, werden sie weiter machen – auch ohne Trump als Präsident. Mit der Verschärfung der wirtschaftlichen Krise drohen sie eine ernste Gefahr für Schwarze, Migranten und letztlich für alle Arbeitenden und die ganze Gesellschaft zu werden.

Nicht nur deshalb wäre es eine gefährliche Illusion zu glauben, dass mit der Abwahl von Trump der ganze Spuk vorbei sei.
Auch von dem neuen Präsidenten Biden haben die Arbeitenden nichts Gutes zu erwarten, weder in den USA noch weltweit. Sicher, Biden ist nicht so pöbelnd und dumm wie Trump. Er gibt sich seriös und als verständnisvoller Menschenfreund. Doch er vertritt dabei genauso knallhart die Interessen von Google, Exxon, Chrysler, Amazon und Goldman Sachs wie Trump. Es ist kein Zufall, dass Biden für seinen Wahlkampf so viel Geld von den US-Kapitalisten bekommen hat wie keiner vor ihm, und auch mehr als Trump.

In seiner 50jährigen Karriere als Berufspolitiker hatte Biden mehr als genug Gelegenheit zu beweisen, auf wessen Seite er steht. Zuletzt als Stellvertreter von Präsident Obama, wo er dazu beigetragen hat, in der Krise von 2008 die Profite der Banken und Konzerne zu retten und dafür die Arbeitenden (vor allem die schwarzen Arbeiter und Migranten) noch weiter in die Armut zu stoßen. Und er hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er es in der jetzigen Krise genauso machen wird.

Ebenso wenig daran, dass er auch in Zukunft überall dort Wirtschaftsembargos durchsetzen und Kriege führen wird, wo wirtschaftliche Interessen der US-Konzerne auf dem Spiel stehen oder andere Regierungen dem Weltpolizisten USA nicht gehorchen. So, wie er auch in der Vergangenheit für den Afghanistan- und den Irak-Krieg gestimmt hat. Eine seiner ersten Botschaften an die deutsche Regierung lautete, dass Deutschland mehr Geld für Rüstung ausgeben und sich mehr an den US-Kriegseinsätzen beteiligen solle!

Biden hat auch keine Zweifel daran gelassen, dass die Handelskriege (insbesondere zwischen den USA, China und der EU) unter ihm weitergehen werden. Denn auch die sind keine Folge von Trumps Verrücktheit – sondern davon, dass der weltweite Konkurrenzkampf zwischen den Konzernen und ihren Staaten immer härter wird. Unter Biden wird die schreckliche Gefahr, dass dieser Handelskrieg sich irgendwann in militärische Kriege verwandelt, kein bisschen geringer.

Nein, wir Arbeitenden können und dürfen nicht darauf hoffen, dass ein Regierungswechsel uns vor der bedrohlichen Politik schützt, die die Kapitalisten in der Krise verlangen. Weder in den USA, wo ohnehin nur derjenige Präsident werden kann, der genug Wahlkampfspenden von den Kapitalisten bekommt. Noch bei uns, wo ein diskreteres, aber ebenso wirksames System an Maßnahmen dafür sorgt, dass es nur derjenige an die Regierungsspitze schafft, der bereit ist, mit allen Mitteln die Interessen der kapitalistischen Klasse zu vertreten.

Doch wir Arbeitenden verfügen über andere, wirksame Mittel, um etwas zu verändern. In den USA haben in den 60er Jahren Massenproteste, Streiks und Revolten den Vietnamkrieg beendet und bedeutende Verbesserungen für die Schwarzen und alle Arbeiter und Armen durchgesetzt. In diesem Sommer sind Millionen gegen Rassismus und Polizeigewalt auf die Straße gegangen.
Davon und von nichts anderem wird unsere Zukunft abhängen: Von der Fähigkeit der arbeitenden Klasse, der Jugend und aller Unterdrückten, den Kampf gegen die kapitalistische Klasse aufzunehmen, deren Herrschaft auf allen Ebenen eine ernste Bedrohung ist.

Das Rote Tuch
Archiv