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Nr. 43, Juni 2012 - Leitartikel

In Krisenzeiten kann es keine „soziale“ Regierung geben – wir müssen uns selber helfen !

Wie Geier haben sich die Journalisten darauf gestürzt: Sonst erfahren wir über die politischen Aussagen der Linkspartei ja eher wenig. Doch die Auseinandersetzungen um die neue Parteispitze waren den Journalisten tagelange hämische Schlagzeilen wert; sie philosophierten über den Charakter der einzelnen Kandidaten und die Ost-West-Spaltung.
In Wahrheit haben die Auseinandersetzungen und auch die gewisse Ratlosigkeit und Enttäuschung in der Linkspartei hauptsächlich politische Gründe.
Die Linkspartei will eine linke „Wahl-alternative“ sein. Seit ihrer Gründung besteht ihre Perspektive darin, dass sie bei Landtags- und Bundestagswahlen genügend Stimmen bekommt, um mit der SPD und den Grünen eine gemeinsame Regierung zu bilden, dort „Druck von links“ auf die SPD auszuüben und so eine sozialere Politik durchzusetzen.
Die Linke hat alles getan, um der SPD zu beweisen, dass sie ein verantwortungsbewusster und gemäßigter Partner für eine solche SPD-Linken-Koalition wäre. In NRW hat die Linke sogar 2 Jahre lang die rot-grüne Minderheitsregierung unterstützt. Die SPD aber ist im Westen überall, wo sie sich entscheiden musste, lieber mit der CDU eine Koalition eingegangen statt mit der Linken.
In Ostdeutschland hingegen, wo die Linke genauso stark ist wie die SPD, regieren SPD und Linkspartei (früher PDS) seit Jahren zusammen – und es fällt gar nicht auf. Denn die SPD-Linken-Landesregierungen dort beschließen Stellenabbau im Öffentlichen Dienst, Einsparungen bei der einfachen Bevölkerung, Subventionen für Unternehmen, Hilfen für Banken… und machen damit dieselbe Politik für die Kapitalisten und gegen die arbeitende Bevölkerung wie alle anderen Regierungen auch.
Ob also in West oder Ost: In keinem Fall hat die Linke durch „Druck im Parlament“ eine sozialere Politik der Regierung durchsetzen können. Dieser Versuch muss zwangsläufig in einer Sackgasse enden. Gerade in der heutigen Krisenzeit lassen die Kapitalisten das nicht zu. Sie verlangen, dass die Regierungen immer noch mehr bei der einfachen Bevölkerung einsparen, um das Geld den Banken und den Reichen zu schenken. Sie verlangen, dass die Regierungen es ihnen immer noch einfacher machen, ihre Arbeitenden für niedrige Löhne und flexibel auszubeuten. Und sie drohen mit Überschuldung und Bankrott von Städten, mit Firmenschließungen, mit Bankenzusammenbrüchen, wenn die Regierungen ihnen ihre Wünsche nicht erfüllen.
Um gegen diesen handfesten Druck der Kapitalisten die Interessen der Arbeitenden durchzusetzen, braucht es mehr als ein paar Sitze im Parlament. Dies kann nur gelingen, wenn die arbeitende Bevölkerung den Kapitalisten und ihren Regierungen ebenfalls Angst macht, wenn wir Arbeitenden sie selber unter Druck setzen. Wir haben hierfür ein mächtiges Druckmittel: Dass wir nämlich sehr zahlreich sind und dass – wenn wir gemeinsam streiken und auf die Straße gehen – ihre gesamte Wirtschaft still steht.
Was wir dafür heute brauchen, das sind Arbeitende, die sich ihrer Lage, ihrer Interessen, ihrer kollektiven Kraft und der Notwendigkeit des Kampfes gegen die kapitalistische Klasse bewusst sind und die darum kämpfen, dieses Bewusstsein in der arbeitenden Bevölkerung wieder zu verbreiten.

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