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Nr. 59, Dezember 2013 - Ihre Gesellschaft

Arbeiter aus Osteuropa, die Sündenböcke der Politiker

Seit Wochen wettert Innenminister Friedrich und so mancher Oberbürgermeister darüber, dass das Gericht einer Familie aus Rumänien, die mehrere Jahre vergeblich Arbeit gesucht hat, HartzIV zugesprochen hat. Sie behaupten, das Urteil würde „Sozialtouristen“ aus Osteuropa anlocken, die ihrer Meinung nach alle nicht arbeiten wollen würden.

Welch eine widerliche Lüge! Die betroffene Familie hatte sich immer wieder beworben, bis die Frau endlich eine Arbeit fand… jedoch so schlecht bezahlt, dass sie immer noch weniger als HartzIV hat. Ihr ist es genauso gegangen wie vielen anderen von uns: Sie suchte einen Job, aber die Unternehmen zerstören nur noch Arbeitsplätze und schaffen keine mehr – außer eben Mini- und Billigjobs, von denen man nicht leben kann.
Doch über die Verantwortung und die kriminelle Politik der Unternehmen will der CSU-Innenminister nicht reden. Er versucht stattdessen, deren Opfer zu Sündenböcken für alles zu machen, für die Arbeitslosigkeit, die Armut der Städte und die leeren Sozialkassen. Und zwar mit gezielten und dreisten Lügen und Horrormärchen.

Denn diejenigen, die das Elend und zum Teil die Verfolgung aus Osteuropa hierher treibt und die Politiker als „Sozialtouristen“ beschimpfen, arbeiten oft unter besonders harten und schlechten Bedingungen. Die Sehenswürdigkeiten, die sie zu sehen bekommen, sind deutsche Fleischfabriken, Baustellen oder die Toiletten von Ministern – und die „sehen“ sie 10 oder 12 Stunden am Tag, für 5 oder 7 Euro die Stunde.
Nicht selten riskieren sie ihre Gesundheit, wie jüngst der 58jährige rumänische Bauarbeiter, eines der Opfer des auf den Aldi-Laden gekippten defekten Baukrans, der aus der Führerkabine geschleudert und schwer verletzt wurde. Und nicht immer stehen Krankenhäuser und Arztpraxen ihnen dann offen.

Da sei die Frage erlaubt: Zwischen diesen Arbeitern und dem Innenminister in seiner Luxus-Limousine, wer ist hier bitte der Sozialtourist?

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