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Nr. 133, Juli 2020 - Leitartikel

Statt Entlassungen und Betriebsschließungen: Aufteilung der Arbeit unter Allen!

Über 600.000 Arbeitende haben in den letzten Monaten bereits ihre Arbeit verloren. Und es ist nicht vorbei. Tag für Tag gibt es neue Ankündigungen von Entlassungen und Betriebsschließungen: bei Karstadt, BMW, Airbus, Esprit, MAN... Und nicht zu vergessen bei all deren Subfirmen, Leihfirmen und Zulieferern. Arbeiterinnen und Arbeiter, die zum Teil seit Jahrzehnten dort gearbeitet und ihre Gesundheit ruiniert haben, stehen von heute auf morgen mit nichts da als einem Schreiben fürs Arbeitsamt.

Die Besitzer der Konzerne haben über Jahre steigende Gewinne in ihre Tasche gesteckt, immer mit dem Argument, sie würden in schlechten Zeiten schließlich das „Risiko“ tragen. Doch wenn die Krise da ist, bleiben diese Reichtümer unangetastet. Ja, selbst jetzt, mitten in der Krise, genehmigen sich die Aktionäre der zehn DAX-Konzerne 35 Milliarden Euro an Dividende – während sie uns gleichzeitig erzählen, die Entlassungen wären „alternativlos“.

Daimler zum Beispiel will 20.000 Arbeitende entlassen und allen übrigen den Lohn kürzen, um so 2 Milliarden Euro zu sparen. Dabei hat der Konzern in nur einem Jahr das Fünffache (!) dieser Summe an Gewinn gemacht. Doch dieses Geld, das auf den Konten der Großaktionäre gelandet ist, bleibt unangetastet. Stattdessen raubt man zehntausenden Arbeitenden Arbeitsplatz und Lohn!

Die kapitalistische Klasse verfügt über riesige private Aktien- und Immobilienvermögen, die sie durch unsere Arbeit angehäuft hat. Selbst wenn man ihnen einen Großteil davon wegnehmen würde, könnten sie immer noch sorgenfrei leben. Wir Arbeitenden aber haben nur unsere Arbeit und unseren Lohn. Es ist unsere einzige Existenzgrundlage. Uns das zu rauben, ist ein Verbrechen – ganz besonders in der Krise, wo es fast unmöglich ist, einen anderen Job zu finden!

Um gut durch die Krise zu kommen und ihre Profitrate wiederherzustellen, haben die Kapitalisten einen gnadenlosen Kampf begonnen. Und die Regierung hilft ihnen dabei. Angefangen damit, dass sie hunderte Milliarden Euro aus dem Hut gezaubert hat, die sie den Kapitalisten als „Rettungspakete“ schenkt.
Die Regierung behauptet, diese „Rettungspakete“ würden unsere Arbeitsplätze retten. Was für ein schlechter Scherz! Airbus, Lufthansa oder Daimler bekommen Milliardenhilfen vom Staat. Doch das hindert keinen dieser Konzerne daran, tausende Arbeitende zu entlassen. Nein, gerettet werden hier einzig die Gewinnmargen und Vermögen der Kapitalisten, die diese wie in der Vergangenheit in Spekulationen, Firmenkäufe und andere parasitäre Geschäfte stecken werden.

Dafür, dass die Reichen mit Geld überschüttet werden, wird die Regierung bei uns umso mehr sparen. So soll es 2021 keinen Cent für die Rentner geben. Und der Öffentliche Dienst wird noch mehr zusammengespart – sogar Schulen, Altenheime und Krankenhäuser, trotz all der Erfahrungen in der Corona-Epidemie. In Essen kam jetzt die Ankündigung, dass aus Kostengründen 2 Krankenhäuser geschlossen werden, noch vor Ende des Jahres. Die CDU-Landesregierung begrüßte dies... als Schritt in die richtige Richtung!

Die Antworten der Kapitalisten und ihrer Regierung auf die Krise bedeuten eine Katastrophe für uns alle. Wir Arbeitenden müssen ihrer Logik von Profit und Wettbewerbsfähigkeit unsere eigenen Rettungspläne entgegenstellen.

Daimler will sein Lothringer Werk schließen und die Produktion an deutsche Standorte verlagern, ohne dort auch nur einen Arbeiter mehr einzustellen. 1.600 Arbeiter in Lothringen sollen also entlassen werden und die Arbeiter an den deutschen Standorten dafür noch schneller arbeiten – obendrein für weniger Lohn. Bosch seinerseits schließt ein deutsches Werk und verlagert die Produktion an andere Standorte in Europa. Und so machen es alle Konzerne.
Genau das Gegenteil ist nötig: Statt dass die einen von uns arbeitslos werden und die anderen noch mehr schuften müssen, muss die Arbeit zwischen allen Arbeitenden aller Standorte aufgeteilt werden. Unsere Devise muss lauten: Alle müssen weniger arbeiten, damit alle Arbeit haben!

Kein Festangestellter, kein Befristeter, kein Leiharbeiter, kein Arbeiter einer Subfirma darf von seinem Arbeitsplatz verjagt oder seines Lohns beraubt werden. Die Arbeit muss unter allen Arbeitenden aufgeteilt werden. Wenn weniger zu tun ist, müssen Arbeitstempo und Arbeitszeit sinken, ohne dass die Löhne sinken. Dafür müssen die gigantischen Vermögen der kapitalistischen Klasse herangezogen werden.
Außerdem müssen massenhaft Arbeitsplätze dort geschaffen werden, wo sie so dramatisch fehlen: in den Krankenhäusern, Kitas, Schulen, dem Nahverkehr, in der Altenpflege, für öffentlichen Wohnungsbau und vieles mehr.

Die Krise hat außerdem nicht die Mieten, Strom- und sonstigen Rechnungen gesenkt, im Gegenteil! Daher brauchen alle Arbeitenden ihren vollen Lohn, nicht Kurzarbeitergeld oder gar dauerhafte Lohnkürzungen.

Von jedem Arbeitenden und kleinen Selbstständigen, der in HartzIV rutscht, wird verlangt, dass er alles offenlegt und beweist, dass er kein Geld hat. Wir Arbeitenden müssen uns das Recht nehmen, genau das mit den Konzernen und Kapitalisten zu tun – und ihre Konten, Geschäftsbücher und Entscheidungen kontrollieren!

In der heutigen Krise werden viele gleichzeitig angegriffen: ob sie in einem Autowerk oder Krankenhaus arbeiten, ob sie Festangestellte, Leiharbeiter oder Rentner sind. Und das kann unsere Stärke werden: Wenn wir uns bewusst werden, dass wir alle gegenüber diesen Angriffen die gleichen Interessen – und damit einen gemeinsamen Kampf zu führen haben.

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