Startseite > Das Rote Tuch > 132 > Essener Proteste gegen Polizeigewalt: Einen wunden Punkt getroffen

Nr. 132, Juni 2020 - Aus dem Ruhrgebiet

Essener Proteste gegen Polizeigewalt: Einen wunden Punkt getroffen

In Essen haben der CDU-Oberbürgermeister und der Polizeipräsident eine regelrechte Hetzkampagne gegen diejenigen begonnen, die in den letzten Wochen gegen Rassismus und Polizeigewalt protestiert hatten.

In den Tagen davor hatte es zwei solcher Protestkundgebungen gegeben. Am Dienstag, den 9.6., versammelten sich über 100 Beschäftigte des Essener Uniklinikums, und zwei Tage später 500 vor allem jugendliche Migranten in der Essener Innenstadt, wo mehrere Betroffene von ihren eigenen Erfahrungen mit Rassismus und Polizeigewalt berichteten. Erst durch die verschiedenen Protestaktionen kam an die Öffentlichkeit, dass gegen Essener Polizisten derzeit drei verschiedene Verfahren wegen rassistisch motivierter Polizeigewalt laufen.

Eines zum Beispiel, weil Polizisten im März eine schwarze Frau mit mehreren Sprüchen rassistisch beleidigt hatten und – als deren Söhne sich darüber empörten – mit Schlagstöcken auf diese losgingen, was die Polizisten nicht einmal abstreiten. Auch der Tod eines jungen Deutsch-Algeriers vor einem Jahr kam zur Sprache. Die Polizisten hatten behauptet, er habe sie mit einem Messer angegriffen, und sie hätten ihn aus Notwehr erschossen.
Doch das Handy-Video eines Anwohners bewies, dass der Mann die Polizei nicht angegriffen hatte. Im Gegenteil, er war vor der Polizei in ein Haus geflüchtet und durch das Glasfenster der geschlossenen Eingangstür erschossen worden. Trotz ihrer offensichtlichen Lüge sind die Polizisten weiter im Dienst.
Mit massivem Druck versuchen der Essener Polizeiapparat und die CDU – unterstützt von der AfD – seitdem, die Protestierenden zum Schweigen zu bringen (ähnlich wie auf Bundesebene bei der SPD-Vorsitzenden Esken geschehen war, als diese von „latentem Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte“ gesprochen hatte).

In einer ganzen Serie von Zeitungsartikeln, die eine ganze Woche lang die ersten Seiten des Essener Lokalteils füllten, bestreiten sie ernsthaft, dass es ein Problem mit Rassismus in der Polizei gäbe! Sie hetzen insbesondere gegen die Vertrauensleutesprecherin des Klinikums, die es gewagt hatte, bei der Protestaktion am Klinikum rassistische Gewalttaten der Polizei öffentlich zu benennen.

Einen besseren Beweis konnten sie nicht dafür liefern, wie richtig und notwendig die heutigen Proteste sind, die das Schweigen über diese Gewalt und ihre Opfer weltweit beenden.

Das Rote Tuch
Archiv