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Nr. 136, Oktober 2020 - Internationales

 Islamistischer Anschlag in Frankreich: Der Kapitalismus (in der Krise) erzeugt wachsende Barbarei

Am Freitag, den 16. Oktober, hat ein 18jähriger in Conflans (Frankreich) einen Geschichtslehrer hingerichtet: Er hat ihm den Kopf abgeschlagen, weil er in seinem Unterricht über Meinungsfreiheit eine Mohammed-Karikatur gezeigt hatte. Es waren dieselben Karikaturen, die vor fünf Jahren der Anlass für den islamistischen Terroranschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo gewesen waren.

Der junge Mann hat die Tat begangen: Doch seine Hand geführt und ihn bewaffnet haben islamistische Kreise, mit denen er in Kontakt stand und die in den Tagen zuvor bereits eine widerwärtige Hetzkampagne gegen den Lehrer in den sozialen Netzwerken veranstaltet hatten.

Diesen militanten Islamisten geht es nicht nur darum, was in der Schule unterrichtet wird. Sie versuchen mit solchen terroristischen Einschüchterungsmethoden, allen ihre Moral aufzuzwingen – und zwar allen voran den Muslimen selber.

Ja, hauptsächlich richtet sich der Druck der Islamisten gegen die Muslime. Mit Überwachung versuchen sie das Leben der Muslime zu kontrollieren und sie zu zwingen, nach ihren Regeln zu leben. Sie drohen Muslimen, die sich nicht an den Ramadan halten, Alkohol trinken oder kein Kopftuch tragen. Und allen, die sich dem nicht beugen wollen, senden sie mit solchen grausamen Attentaten die Botschaft: „Seht her, das passiert mit denen, die sich uns offen widersetzen.“

Es sind ähnliche Ziele und Methoden, wie sie die rechtsradikalen Gruppen haben. Diese verüben Brandanschläge, schlagen Leute zusammen und ermorden Menschen, einfach weil diese sich ihren nationalistischen und fremdenfeindlichen Ansichten entgegenstellen. Und auch hier gibt es die Brandstifter, die mit Hetze insbesondere in den sozialen Netzwerken das Feuer legen.

Denken wir nur an den Politiker Lübke, der es ‚gewagt‘ hatte, in einer Bürgerversammlung in Hessen Pegida-Anhängern offen entgegenzutreten – und der dafür von einem Rechtsradikalen mit einem Kopfschuss hingerichtet wurde, nachdem die AfD und ihre Anhänger zuvor monatelang in den sozialen Netzwerken gegen ihn gehetzt hatten. Und erinnern wir uns daran, wie die AfD versucht hat, im Internet ein Portal einzurichten, wo Schüler ihre Lehrkräfte öffentlich mit Namen und Schule denunzieren sollten, wenn diese Lehrkräfte zum Beispiel schlecht über die AfD geredet hatten.

Ja, die Rechtsradikalen und die Islamisten sind Zwillinge. Die einen benutzen Nationalismus und die Angst vor Migranten, die anderen die Religion, aber beide mit demselben Ziel: Sie wollen diejenigen beherrschen, die sie für ihre „Glaubensgemeinschaft“, beziehungsweise „Volksgemeinschaft“ halten. Beide sind Todfeinde der Arbeiterinnen und Arbeiter – bereit, für ihre Machtansprüche einen Graben aus Hass und Blut unter uns Arbeitenden zu schaffen. Und beide verstärken sich gegenseitig!

In Frankreich haben nicht nur die Rechtsextremen schon am Tag nach dem islamistischen Anschlag eine Kampagne gegen Flüchtlinge und Muslime begonnen, die sie quasi alle mit islamistischen Terroristen gleichsetzen. Auch die Reden der meisten anderen Parteien waren nicht viel besser, ebenso die Stellungnahmen und ersten Maßnahmen der französischen Regierung. Durch eine solche Politik können sich nur noch mehr muslimische Jugendliche als Ausgestoßene, als Fremde im eigenen Land fühlen. Was keinen weiteren Anschlag verhindern wird, sondern einzig einige weitere Jugendliche in die Arme der Islamisten treiben könnte.

Das Erstarken all dieser reaktionären Kräfte – die rechtsradikalen wie die islamistischen – hat ihre Ursachen in der seit Jahren schlimmer werdenden kapitalistischen Krise: in der Arbeitslosigkeit und Armut, die sie hervorruft.
Die reaktionären Kräfte nutzen politisch aus, dass immer mehr Menschen angesichts der Krise verzweifelt sind und sich allein gelassen fühlen. Der Frust und der Hass, der dadurch hervorgerufen wird, schaffen immer neuen Nährboden für Intoleranz, Individualismus und Gewalt. Und die Politik der Regierungen, die systematisch die Reichen, die Kapitalisten gegen die Arbeitenden unterstützt, verstärkt diese gefährliche Entwicklung.

Es gibt nur einen Ausweg aus dieser gefährlichen Spirale. Wenn wir Arbeitenden Schwestern und Brüder bleiben und über Religion und Nationalität hinweg zusammenhalten, um gemeinsam diese Gesellschaftsordnung zu verändern.

Das Rote Tuch
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