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Nr. 78, September 2015 - Internationales

Börsenkrach in China: Der Kapitalismus ist weltweit am Ende

Wie viele Jahre hat man uns China als Muster dafür vorgeführt, dass sich ein armes Land im Kapitalismus zu einem reichen Land „hocharbeiten“ kann! Dass die kapitalistische Wirtschaft doch für alle eine Zukunft bieten kann.
Viele dieser Illusionen haben sich in den letzten Monaten in Luft aufgelöst. Das Wirtschaftswachstum geht bedeutend zurück. Und seit dem Sommer erschüttert ein Börsenkrach die Banken und die Wirtschaft Chinas, der die Börsen der ganzen Welt erzittern lässt.

Die chinesische Regierung hat in den letzten Wochen mehrere hundert Milliarden Dollar ausgegeben, um die Banken zu stabilisieren und den Absturz der Börsenkurse aufzuhalten. Doch es ist nicht sicher, wie erfolgreich dieser Versuch ist. Denn der Börsenkrach ist nur ein Teil der Krise in China, die ihrerseits eine Folge der weltweiten wirtschaftlichen Krise ist.

Weltweit verwenden Unternehmen und Reiche ihr Kapital kaum noch dazu, Fabriken zu bauen und Güter zu produzieren. Angesichts der weltweiten Krise ist ihnen das zu mühsam und zu unsicher. Sie spekulieren mit ihrem Geld lieber an der Börse. Und Aktien chinesischer Firmen zu kaufen, erschien ihnen dabei in den letzten Jahren vielversprechend, weil die chinesische Wirtschaft so ein großes Wachstum hatte.

Auch die chinesische Mittelschicht begann, ihr Erspartes in Aktien chinesischer Firmen anzulegen. Und je mehr Aktien gekauft wurden, desto höher stieg ihr Börsenkurs, und desto mehr Leute kauften die Aktien. Zwischen Juni 2014 und Juni 2015 stiegen die Kurse um 150%, was rein gar nichts mehr mit der realen Wirtschaftsleistung der Firmen zu tun hatte. Es entstand eine große Blase, die irgendwann platzen musste. Und sie platzte, als deutlich wurde, dass das Wirtschaftswachstum – auf dem ja die gesamte Spekulation beruhte – deutlich nachließ.

Dass das Wirtschaftswachstum nachlässt, konnte man schon seit mehreren Jahren kommen sehen. Nur diejenigen, die um jeden Preis im Kapitalismus eine Zukunftsperspektive sehen wollen, konnten glauben, dass das chinesische Wachstum dauerhaft weitergehen würde. In Wahrheit waren dem „chinesischen Wirtschaftswunder“ von Anfang an enge Grenzen gesetzt.

Zum einen lebt ein bedeutender Teil der chinesischen Wirtschaft vom Export und ist damit von der Weltwirtschaft abhängig. Die aber steckt seit Jahren in der Krise.
Zum anderen wurde Chinas Wirtschaft in großem Maß durch öffentliche Konjunkturprogramme angekurbelt. Der Staat und die Regionen haben sich vollkommen verschuldet, um Häuser, Züge, Fabriken oder Einkaufszentren zu bauen. Zahlreiche Industriezweige waren über Jahre mit diesen staatlichen Aufträgen ausgelastet.
Doch wie wir es auch in den USA und in Europa erlebt haben: Auch diese Konjunkturprogramme kommen an ihre Grenzen, wenn ein Teil der neugebauten Häuser sich nicht verkaufen lässt, die Einkaufszentren keinen Gewinn machen, die Fabriken einen Teil ihrer Waren nicht verkaufen können. So endeten viele dieser Konjunkturprogramme und der wirtschaftliche Aufschwung ging zwangsläufig zurück.

Heute wird viel darüber spekuliert, welche Folgen dies für die Weltwirtschaft haben wird. Ob der Rückgang in China weltweit einen neuen Wirtschaftsrückgang einläuten wird. Niemand kann dies voraussagen.
Sicher allerdings ist, dass er bedeutende Auswirkungen für die Arbeitenden in China haben wird. Er wird Fabrikschließungen, Massenentlassungen und neue Armut hervorrufen.

Ganz zu schweigen davon, dass der jetzige Börsenkrach diese Entwicklung dramatisch beschleunigen könnte. Denn in ihm haben Millionen Menschen der chinesischen Mittelschichten ihr Erspartes verloren, ein Teil ist ruiniert. Ihr jahrelanger sozialer Aufstieg hat sich in wenigen Wochen in Luft aufgelöst.
Und Wirtschaftszweige wie die deutschen Autokonzerne haben bereits angekündigt, dass sie entsprechend weniger Verkäufe und Gewinne in China erwarten… und dann auch entlassen werden, vor allem in den chinesischen Werken.

Das ist nicht alles. Denn die Bevölkerung wird auch für die hunderte Milliarden Dollar bezahlen müssen, die der Staat zur Rettung der Banken und der Börse ausgegeben hat. Die Finanz wird dafür sorgen, dass der Staat sich dieses Geld rücksichtslos bei der einfachen Bevölkerung zurückholt. Das können wir vor unserer eigenen Haustür, in Griechenland oder Spanien beobachten.

Mit China ist der Mythos endgültig zerbrochen, dass die kapitalistische Wirtschaft noch in der Lage sei, dynamisch Länder zu entwickeln, Industriestaaten aufzubauen. Die Wirtschaft in China ist genauso kaputt wie überall. Es ist eine weltweite, parasitär gewordene Wirtschaftsordnung, die sich nur noch durch ständige Finanzhilfen der Staaten über Wasser hält, während die Kapitalisten ihre Gewinne lieber in das große Kasino der Börse tragen… ganz gleich, welche Katastrophen, welchen Rückschritt und Ruin sie damit über die Menschheit bringen.

Die einzige Chance, aus dieser Fäulnis und diesem Wahnsinn heraus zu kommen, ist das kapitalistische Gesellschaftssystem zu stürzen. Erst dann kann es für die Menschheit wieder Fortschritt und Entwicklung geben.

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