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Nr. 114, Dezember 2018 - Leitartikel

Bayer: Entlassungen und Stellenabbau verbieten!

Unvorstellbare 55 Milliarden Euro haben die Großaktionäre von Bayer ausgegeben, um den Konkurrenten Monsanto aufzukaufen. Und jetzt, ein halbes Jahr später, wagen sie es, 12.000 Arbeitende zu entlassen... „um zu sparen“!

Ja, da wird wochenlang über quasi nichts Anderes berichtet als darüber, wer die Wahl zum neuen CDU-Vorsitzenden gewinnt – und ob er oder sie nächster Bundeskanzler werden will. Doch währenddessen regieren die wahren Herrscher in dieser Gesellschaft seelenruhig weiter: Die Besitzer der Konzerne und Banken – Kapitalisten, die niemand wählen oder kontrollieren kann, doch deren Entscheidungen tagtäglich das Leben und die Arbeitsbedingungen von Hunderttausenden bestimmen und zerstören können.

Was heute bei Bayer passiert, zeigt erneut, wie schädlich und parasitär ihre Herrschaft ist.
Anlagen und Abteilungen sollen geschlossen werden, neben den 12.000 Festangestellten sollen Arbeiter von Leih- und Subfirmen ihre Arbeit verlieren... während die übrigen noch mehr arbeiten müssen. Andere Beschäftigte sollen quer durch Deutschland versetzt werden. Wieder andere sollen verkauft werden – mit ungewisser Zukunft. Insgesamt sind über hunderttausend Menschen, Arbeitende und ihre Familien, davon betroffen – in Deutschland und anderen Ländern. Und warum?

Weil die Kapitalisten von Bayer durch den Kauf von Monsanto die Gewinne eines Konkurrenten einstreichen und „doppelt vorhandene“ Arbeitsplätze einsparen wollen. Und weil die Banken, die Bayer die Milliarden für diesen Kauf geliehen haben, Zinsen hierfür bekommen – die die Bayer-Manager nun durch drastische Einsparungen bei den Arbeitern eintreiben wollen.

Ja, wenn die Kapitalisten heute gigantische Summen ausgeben, dann kaum noch für Investitionen in die Produktion oder gar für neue Fabriken, sondern für den Kauf anderer Firmen, bei dem sogar noch Arbeitsplätze und Betriebe vernichtet werden. Und überhaupt für die Spekulation, in die alle Kapitalisten einen immer größeren Teil ihres Reichtums stecken.

Noch vor einem Jahr waren alle Spekulanten begeistert über den Monsanto-Kauf und haben die Aktienkurse von Bayer in die Höhe getrieben. Doch nun bekommen sie kalte Füße. Die Kurse für Bayer-Aktien sind um 40% gefallen. Die weltwirtschaftliche Lage ist schlechter geworden, außerdem muss Bayer in den USA wohl Schadensersatz zahlen, weil das Monsanto-Produkt Glyphosat sehr wahrscheinlich Krebs verursacht. Die Aktionäre befürchten, dass die Gewinne von Bayer nicht ausreichen, um Schulden und Schadensersatz zu zahlen und die Dividenden zu erhöhen.

Auch jetzt ist der Aktienkurs noch höher, als er es bis vor wenigen Jahren jemals war. Das hindert die Bayer-Manager nicht daran, die fallenden Börsenkurse zu nutzen, um unter den Arbeitern die Angst zu schüren, Bayer stünde kurz vor dem Zusammenbruch – und so ihre Massenentlassungen zu rechtfertigen.

Und um die Aktionäre zu beruhigen, verschärfen sie noch ihren Sparkurs. Sogar ein nagelneues, gerade erst für 400 Millionen Euro gebautes Werk in Wuppertal soll jetzt wieder geschlossen werden, weil die erwartete Rendite nicht mehr hoch genug ist. Und ganze Bereiche wie die Tiermedizin sollen samt Beschäftigten verkauft werden.

Was für eine kranke Gesellschaft, wo Arbeiter für das Spiel an der Börse in die Arbeitslosigkeit geschickt werden! Was für eine Verschwendung an Arbeit, an menschlicher Energie und an Reichtum, wenn Kapitalisten ihre eigenen Fabriken zerstören, nur damit die Börsenkurse steigen!
Schon in Zeiten, wo für die Spekulanten alles gut läuft, ist es eine Katastrophe, dass die Kapitalisten immer unfassbarere Summen in die Spekulation stecken – Summen, die damit den Betrieben und der Gesellschaft für nützliche Ausgaben entzogen werden, angefangen bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Schon dann ist es Wahnsinn, dass die Entscheidungen in einem Konzern mehr davon beherrscht werden, ob dadurch der Börsenkurs steigt, als davon, was für das Funktionieren des Betriebs am Nötigsten wäre.
Und wenn sie sich verspekulieren und Kurse fallen, dann machen die Kapitalisten rücksichtslos und brutal alles, um den Verlust auf die Arbeitenden abzuwälzen. Und jeder Beschäftigte kann davon betroffen sein.

Den Festangestellten bei Bayer haben die Manager und auch die Betriebsratsspitze jahrelang das Gefühl vermittelt, in einem großen Konzern wären sie in Sicherheit. Sie wollten ihnen einreden, von der Existenzunsicherheit, die eine wachsende Zahl an Arbeitern tagtäglich begleitet und die ihre befristeten und Leiharbeits-Kollegen erleben, wären sie verschont. Doch in diesem System gibt es keine Sicherheit. Jeder – selbst Ingenieure und Chemiker von Bayer – können morgen auf der Straße stehen.

Wir Arbeitenden können es uns nicht leisten, darauf zu hoffen, dass vielleicht alles halb so schlimm wird und der Kelch gerade an uns vorbeigeht. Angesichts der weltwirtschaftlichen Entwicklung droht das, was heute nur einem Teil der Arbeitenden – oft dem ausgebeutetsten – widerfährt, ganz schnell das Los von uns allen zu werden.

Und der erste Schritt besteht darin, sich bewusst zu werden, dass wir alle, egal wo wir arbeiten, unsere Existenzbedingungen mit Zähnen und Klauen gegen die kapitalistische Klasse werden verteidigen und letztlich ihrer parasitären Herrschaft ein Ende setzen müssen.

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