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Nr. 65, Juni 2014 - Aus dem Ruhrgebiet

Aus 9,50 Euro mach 2,50 Euro

9,50 Stundenlohn auf dem Papier – aber in Wirklichkeit wieder 2,50 Euro Stundenlohn? Was die Arbeitenden derzeit bei der Firma Mesenhohl erleben, gibt eine kleine Idee davon, worauf wir uns mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns einstellen können.

Jahrelang hatte Mesenhohl, die für die Stadt Essen die Schul- und Behindertenbusse fahren, seinen 200 Arbeitern dreiste 2,88 Euro die Stunde gezahlt. Im letzten Jahr allerdings zogen 30 Arbeitende dagegen vor Gericht und gewannen: Im Schnitt 15.000 Euro musste Mesenhohl ihnen nachzahlen. Ermutigt klagten daraufhin immer mehr Kollegen.

Damit die Arbeiter sie nicht länger verklagen können, hat Mesenhohl nun einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit offiziell 9,50 Euro Stundenlohn eingeführt. Doch dafür wollen sie einen Großteil der Arbeiten plötzlich nicht mehr als Arbeitszeit zählen, zum Beispiel alle Fahrten mit dem leeren Bus vom Busdepot zur Schule und wieder zurück, das Abholen der Begleitperson… so dass die Fahrer doch wieder auf einen mickrigen realen Stundenlohn zwischen 5 Euro und 2,50 Euro kommen.
Ähnliche Erfahrungen machen Arbeiter in Branchen wie dem Reinigungsdienst, in denen tarifliche Mindestlöhne eingeführt wurden. Denn (gesetzliche) Löhne auf dem Papier reichen nicht. Wie viel Lohn die Arbeitenden tatsächlich bekommen, entscheidet letztlich das Kräfteverhältnis in den Betrieben.

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