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Nr. 136, Oktober 2020 - Ihre Gesellschaft

Die Hüter einer unsozialen und rassistischen Gesellschafts-„Ordnung“

Immer neue Details über den rechtsradikalen Skandal bei der Mülheimer und Essener Polizei werden bekannt. Mindestens 15 Polizisten haben aktiv in einem Chat widerwärtige Bilder und Videos verschickt, in denen Flüchtlinge in Gaskammern geschickt oder Schwarze als „Grillkohle“ (zum Anzünden) bezeichnet werden. Mindestens 16 weitere Polizisten waren Mitglieder dieses Chats.

Und mittlerweile ist auch klar, dass es nicht bei Worten blieb. Einer dieser Polizisten hat nachweislich einen Mann mit albanischen Wurzeln, der bereits gefesselt war, brutal misshandelt – und ist dabei von seinen Vorgesetzten gedeckt worden. Und kaum ist dieser Fall bekannt geworden, stellt sich heraus, dass es weitere Willkür- und Gewaltakte gegen Migranten gab.

Dieses jüngste Netzwerk in der Polizei macht einmal mehr deutlich, was für eine Gefahr rechtsextreme Polizisten darstellen. Denn ein Polizist verfügt durch seine Funktion über Macht: Er kann willkürlich jeden wegen seiner Hautfarbe anhalten, erniedrigend durchsuchen, ihm Strafzettel verpassen – ja sogar ihn brutal schlagen, ohne viel zu riskieren. Und auch rechtsradikale Terrorgruppen und Schläger verfügen über eine deutliche größere Macht, wenn sie von Gesinnungsgenossen bei der Polizei Informationen, Schutz vor Ermittlungen, wenn nicht sogar Waffen bekommen. Dies ist eine ernsthafte Gefahr für uns alle!

Doch auch nach dem hundertsten beunruhigenden Skandal, der bekannt wird, weigert sich die Regierung, auch nur einzugestehen, dass es bei Polizei und Bundeswehr überdurchschnittlich häufig rassistische Einstellungen und auch rechtsextreme Gruppierungen gibt. Die Herrschenden können und wollen es nicht zugeben, und zwar aus einem einfachen Grund: Weil diese Entwicklung kein Zufall ist, sondern direkt mit der Rolle der Polizei in der Gesellschaft zusammenhängt.

Die Aufgabe der „Ordnungshüter“ ist klipp und klar: Sie müssen die herrschenden Gesetze, die herrschende „Ordnung“ verteidigen. Doch diese Ordnung beruht auf sozialen Ungleichheiten. Die Gesetze sind vor allem dafür gemacht, die Reichen, die Kapitalisten zu beschützen – gegen die Armen.
Die Polizei jagt den kleinen Ladendieb, aber nicht den Besitzer der Supermarktkette, der mehr Steuern hinterzieht, als alle Diebe in ihrem ganzen Leben dort stehlen können. Die Aufgabe der Polizei ist, säumige Mieter auf die Straße zu setzen, nicht aber gegen Vermieter vorzugehen, die mit drastischen Mieterhöhungen die Mieter aus der Wohnung treiben. Sie jagt kleine Banden und Clans, aber sie jagt nicht Kapitalisten wie Tönnies und Co., die auf ihren Schlachthöfen legalen Menschenhandel im großen Stil betreiben. Und natürlich geht die Polizei auch nicht gegen Kapitalisten vor, die Kurzarbeitergeld kassieren und ihre Belegschaft trotzdem normal arbeiten lassen.
Nein, die Polizei wird vor allem gegen die Armen eingesetzt, und damit zwangsläufig besonders häufig gegen Migranten, die überall den Großteil der armen und am meisten ausgebeuteten Bevölkerung ausmachen.

Aus all diesen Gründen zieht der Polizeiapparat nicht nur überproportional die an, deren Einstellung schon vorher von Rassismus und sozialer Verachtung geprägt war. Er verändert auch viele, die jahrelang in ihm arbeiten. Und aus all diesen Gründen können die Herrschenden auch nicht die Ursachen für das Erstarken rassistischer und rechtsextremer Tendenzen in Polizei und Armee bekämpfen, selbst wenn sie es wollten: Denn dafür muss man die herrschende Gesellschaftsordnung in Frage stellen

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