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Nr. 45, September 2012 - Internationales

Trotz aller Unterdrückung – die streikenden Bergleute halten durch

Seit über einem Monat bereits kämpfen, unter den schwierigsten Bedingungen, zehntausende Bergleute in Südafrika für 200% mehr Lohn.

Platin, Gold und Diamanten fördern die Bergleute jeden Tag unter härtesten Bedingungen zu Tage. Die internationalen Konzerne, die diese Bergwerke besitzen, verdienen ein riesiges Vermögen daran – während die Arbeiter, die diese Schätze ans Licht bringen, mit ihren Familien in Slums ohne Strom und fließendes Wasser, weit draußen vor der Stadt leben. 400 Euro bekommen sie an Lohn im Monat – ein Lohn, der nicht mal mehr zum Überleben reicht in einem Land, wo die Preise eher denen in Europa ähneln und ständig steigen.

Der Streik für 200 % mehr Lohn – das heißt für 1250 Euro im Monat – der in einer Platin-Mine begonnen hat, war daher wie ein Schrei des Herzens vieler Arbeiter: In verschiedenen weiteren Bergwerken haben Arbeiter die Forderung aufgenommen und ebenfalls zu streiken begonnen.

Dabei haben die Bergwerksbesitzer, die Regierung und auch die Gewerkschaften, deren enges Verhältnis zu den Bergwerksbesitzern bekannt ist, alles getan, um den Streik mit aller Gewalt zu ersticken und seine Ausbreitung zu verhindern.
Nichts aber hat die Bergleute bislang dazu bringen können, den Kampf aufzugeben – nicht einmal die brutale Gewalt und die Morde, mit denen Schlägertrupps der Konzerne und die Polizei gegen die Streikenden vorgehen. Weltweit bekannt geworden ist das grausame Massaker am 16. August, bei dem die südafrikanische Polizei 34 streikende Bergarbeiter erschoss, 78 weitere verletzt und 270 verhaftet hat! Erschossen aus dem einzigen Grund, weil sie sich gegen die Diktatur der Minenbesitzer wehrten und Löhne forderten, von denen man leben kann.

Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen, versuchte die Justiz – mit Einverständnis der ANC-Regierung – auch noch, 279 der verhafteten und verletzten streikenden Bergleute wegen Mordes an ihren 34 Kollegen anzuklagen, die von der Polizei erschossen worden waren.

Für diese Absurdität griff der Staatsanwalt in die Mottenkiste der Apartheids-Gesetze: In den Jahrzehnten der Apartheid (Rassentrennung) in Südafrika gab es ein Gesetz, dass jedes (!) Mitglied einer Gewerkschaft oder politischen Organisation zu langjährigen Gefängnisstrafen wegen Mordes verurteilen konnte, wenn andere Mitglieder seiner Organisation bei einer Demonstration oder Streik teilgenommen hatten, wo es Tote gab – und zwar auch, wenn diese nachweislich von der Polizei erschossen worden waren.

Dieses brutale Gesetz sollte damals alle davon abhalten, sich gegen die Rassentrennung und Armut zu engagieren. Und nun – 18 Jahre nach dem offiziellen Ende der Apartheid, das so viel Hoffnung auf Veränderung und Freude hervorgerufen hatte – soll es gegen die streikenden Bergarbeiter eingesetzt werden. Dies macht deutlich, dass der Staat, Polizei und Justiz noch genauso auf Seiten der Unternehmer stehen und gegen die Arbeiter, die in Südafrika mehrheitlich Schwarze sind: Die soziale Apartheid geht weiter.

Doch diesmal musste der Staat zurückweichen: Die empörende Anklage der 279 Arbeiter hat im ganzen Land einen solchen Skandal und Proteste hervorgerufen, dass die Regierung sich gezwungen sah, die Mordanklage am 1. September wieder fallen zu lassen.

Das heißt nicht, dass alles vorbei ist. Es schmachten weiterhin über 100 Arbeiter wegen dem Streik im Gefängnis. Auch Anschläge von bewaffneten Wachtrupps der Konzerne und Polizeieinheiten auf die Streikenden gehen weiter. Noch immer weigern sich die Bergwerks-Konzerne, über ernsthafte Lohnerhöhung zu reden. Und die Drohungen der Regierung gegen die Streikenden nehmen zu. Doch auch die Arbeiter haben einen langen Atem. Nach über einem Monat geht ihr mutiger, entschlossener Kampf weiter. Ein Kampf letztlich für ein Leben, in dem man nicht ständig in Angst leben muss, in dem man nicht trotz Arbeit hungert und mehr ist als nur ein Sklave der großen Konzerne.

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