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Nr. 12, Juli 2009 - Ihre Gesellschaft

G8-Gipfel im Erdbebengebiet: ein Abbild ihrer Gesellschaft

Die Staatschefs flogen ein, ließen sich vor Trümmern fotografieren... und waren wieder weg.
Was empfanden wohl die Erdbebenopfer in dem italienischen L’Aquila bei dieser makaberen Show, die Italiens rechter Ministerpräsident Berlusconi zum G8-Treffen mit ihnen inszenierte?
Dieser Gipfel war wirklich an Zynismus kaum noch zu überbieten. Wohl behütet wohnten und tagten die Staatschefs in der Polizeikaserne von L’Aquila, dem einzigen Haus, das bei dem Erdbeben vor drei Monaten nicht zerstört wurde – weil es als einziges erdbebensicher gebaut worden war!
Für den Fall eines weiteren Erdbebens stand eine ganze Rettungsflotte zur Verfügung, um die Staatschefs in kurzer Zeit sicher zu evakuieren... zurückgeblieben wäre „nur“ die Bevölkerung.
Diese wurde dafür, von 9.000 Polizisten bewacht, in ihren Zeltstädten außerhalb der Stadt unter Hausarrest gestellt – um den Gipfel nicht zu stören.

Doch der Gipfel ging ohne größere Erschütterungen zu Ende, und so konnten die Staatschefs, nachdem sie ihren Mut bewiesen und ihre großen Reden in so einer gefährlichen Gegend geschwungen hatten, wieder zurück in ihre Staatspaläste fliegen. Die Bevölkerung hingegen lebt auch weiterhin notdürftig in Zelten.

Schöne Worte, die schnell vergessen sind

Für sie bleibt nichts als vage Versprechungen, genauso leer wie die Versprechungen, die der übrigen Weltbevölkerung gemacht wurden, ob es sich um Hilfen in der Krise, das Klima oder den Kampf gegen den Hunger in der Welt handelt. Sie werden wohl ebenso eingehalten werden wie die Zusagen all der Gipfel zuvor... nämlich gar nicht.
 
Einzig für die Spitze der Gesellschaft, für die kapitalistische Klasse bieten die Regierungen der reichen Länder schnell und zuverlässig ganze Rettungsarsenale auf, um sie sicher aus jeder Krisenlage heraus zu bringen, deren ganze Wucht alleine die Bevölkerung abbekommt.
Auch in dieser Hinsicht bot der Gipfel im zerstörten L’Aquila wirklich ein Abbild ihrer Gesellschaft.

Doch mit ihrem Zynismus, ihrer Arroganz und Gleichgültigkeit werden die Herrschenden dieser Welt eines Tages Erschütterungen ganz anderer Art provozieren... soziale Erschütterungen, bei denen sie feststellen werden, dass ihre Gesellschaftsordnung längst nicht so erdbebensicher ist, wie sie vielleicht heute noch wähnen.

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