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Nr. 13, September 2009 - Internationales

„Hauptsache, sie kommen nicht an“

Abgemagert bis aufs Skelett gelangten Ende August die einzigen fünf Überlebenden einer dramatischen Irrfahrt auf dem Mittelmeer an Land. Drei Wochen waren sie und 73 weitere Flüchtlinge aus Eritrea und Somalia in sengender Hitze auf dem Mittelmeer in einem kleinen Boot getrieben – ohne Benzin, ohne Essen, ohne Wasser. Einer nach dem anderen starb.
Während der gesamten Zeit fuhren immer wieder große Schiffe an dem treibenden Flüchtlingsboot vorbei, ohne zu helfen. Nur ein Fischer warf ihnen Lebensmittel zu und verschwand dann wieder.
Auch die Küstenwache Maltas gab ihnen nur Schwimmwesten, Benzin und Nahrung... und ließ sie weiter fahren! Weitere zwei Tage dauerte es, bis sie auf der italienischen Insel Lampedusa landen konnten.

Solche Dramen sind leider kein Einzelfall. Und das Verhalten der Behörden Maltas, Griechenlands und Italiens trägt viel dazu bei. Immer häufiger verweigern sie Schiffen, die Flüchtlinge vor dem Tod gerettet und an Bord genommen haben, die Einreise in den Hafen. Italien stellt gar Kapitän und Besatzung vor Gericht: wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung! Die ist in Italien seit kurzem eine Straftat.

Wegen dieser „Straftat“ droht auch den fünf Überlebenden, ebenso wie vielen ihrer Leidensgenossen, eine Geldstrafe... und die Abschiebung nach Lybien. Durch einen Sondervertrag zwischen Italien und Lybiens Diktator Gaddafi schiebt Italien alle Flüchtlinge sofort wieder in Flüchtlingslager nach Lybien ab, ohne ihr Recht auf Asyl auch nur zu prüfen – was sogar die Genfer Konvention verbietet.
 
Wie in finsterer Vergangenheit

Mit solchen Methoden haben alle Länder der reichen EU zusammen im letzten Jahr gerade einmal 4.378 Flüchtlinge aufgenommen, während arme Länder wie Pakistan oder Syrien je ein bis zwei Millionen (!) Flüchtlingen Aufenthalt gewährten.

Doch die EU, die der ganzen Welt stets Lehren in Sachen Menschenrechte erteilt, sieht lieber zu, dass die Flüchtlinge ihre Grenze gar nicht erst erreichen... und wenn sie dafür zu Tausenden im Mittelmeer ihr Leben lassen.
Menschen in Lebensgefahr nicht zu helfen, tritt wirklich alle Menschenrechte mit Füßen... und erinnert mehr an die finstersten Episoden der Vergangenheit.

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