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Nr. 87, Juni 2016 - Leitartikel

Neue Gesetze: Die Regierung hilft den Bossen, uns auszubeuten

Man könnte glatt meinen, es gäbe nichts Wichtigeres als die Frage, wer der nächste Bundespräsident werden könnte. Oder wer Kanzlerkandidat der SPD wird. Und ob CSU-Chef Seehofer die Kandidatur von Merkel unterstützt.
Doch gleichzeitig beschließen dieselben Parteien eine Serie von Gesetzen. Und anders als ihr Wahlkampf-Zirkus betreffen diese Gesetze uns tatsächlich.

Zum einen will die Regierung durchsetzen, dass fast alle Kapitalisten, die ganze Unternehmen oder Teile davon erben, keine Erbschaftssteuer zahlen müssen. Es geht um 50 Milliarden Euro pro Jahr, für die die Kapitalisten keinen Cent Steuern zahlen sollen.
Selbst das Bundesverfassungsgericht hatte diese Reform zurückgewiesen, weil sie zu offensichtlich die Unternehmer bevorzugt. Doch alle, CDU, CSU und SPD, wollen dieses Geschenk an die Bosse um jeden Preis durchsetzen. Und der einzige Punkt, über den sie streiten ist, dass die CSU die Steuer nicht nur für 95%, sondern gleich für 100% der Kapitalisten streichen möchte.

Nein, zwischen CSU, CDU und SPD bestehen wirklich keine Gegensätze. Die Gegensätze bestehen zwischen den Kapitalisten und den Ausgebeuteten. Und alle diese Parteien, von CSU und AfD bis zur SPD, verteidigen dabei die Interessen der Kapitalisten. Und das bedeutet zwangsläufig, dass sie dafür die arbeitende Klasse angreifen.

Sie sind sich daher auch alle einig, bei der einfachen Bevölkerung zu sparen, während sie die Kapitalisten mit Milliarden überhäufen. Gerade haben sie zum Beispiel beschlossen, den Schwächsten, den Menschen mit Behinderungen Geld wegzunehmen. Ihnen werden die Leistungen der Eingliederungshilfe (zum Beispiel ein Fahrdienst zur Arbeit oder ein Betreuer) verringert und einigen komplett gestrichen. Dabei ist dies oft ihre einzige Chance, zu arbeiten und am sozialen Leben teilzunehmen.

Und vor allem will die Regierung ein Gesetz verabschieden, dass alle Arbeitenden trifft: Das Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen, das die Unternehmer quasi dazu einlädt, noch mehr feste Arbeitsplätze durch solche Sklaven-Verträge zu ersetzen!

Was die Bosse seit Jahren in einer rechtlichen Grauzone getan haben, wäre dann endgültig erlaubt: Unternehmer dürften beliebig Gruppen von Arbeitern durch Fremd- und Tochterfirmen ersetzen. Und ihnen dauerhaft nur 8,50 Euro bezahlen, selbst wenn die Festeingestellten für die gleiche Arbeit 16 Euro pro Stunde bekommen.

Und die Unternehmer dürfen auch weiterhin beliebig feste Arbeitsplätze durch Leiharbeit ersetzen. Das einzig Neue an dem Gesetz ist, dass Leiharbeiter meist nicht mehr länger als 18 Monate im gleichen Betrieb arbeiten dürfen. Für den Unternehmer ist das kein Problem: Er kann nach 18 Monaten einfach einen Leiharbeiter durch den nächsten ersetzen.
Doch für viele Leiharbeiter wird es dadurch noch schlechter. Selbst diejenigen, die bislang mehrere Jahre in einem Betrieb bleiben konnten, verlieren nun nach 18 Monaten ihre Arbeit. Noch mehr Kollegen werden damit kommen und... wieder gehen müssen!

Das Gesetz lädt die Bosse quasi ein, noch mehr Leiharbeit und Werkverträge zu nutzen. Damit wird es noch mehr Arbeiter in den Betrieben geben, die sie schlechter bezahlen und zu schlechteren Bedingungen arbeiten lassen. Noch mehr Arbeiter, von denen sie alles verlangen können: Weil sie ihnen stets damit drohen können, sie von heute auf morgen rauszuschmeißen.
Ja, das neue Gesetz schärft die Axt, mit der Bosse zertrümmern, was es noch an halbwegs geregelten Arbeitsbedingungen, Tariflöhnen und Kündigungsschutz gibt. Sie vernichten es für mehr und mehr Arbeitende, und irgendwann für alle – wenn wir sie nicht daran hindern.

Und die Regierung ist noch so dreist, dieses Gesetz als „Schutz“ für die Arbeiter hinzustellen. Genauso, wie sie ihre anderen Gesetze als „Verbesserungen“ für behinderte Menschen und eine „gerechtere“ Erbschaftssteuer bezeichnet. Will sie uns für dumm verkaufen? Als ob die Regierungen freiwillig irgendein Gesetz im Interesse der arbeitenden Klasse verabschieden würden!

Im Gegenteil, die Kapitalisten verlangen von den Regierungen, dass sie ihnen die Waffen für ihre Raubzüge und ihre Ausbeutung schmieden und in Schuss halten. Keines der Gesetze – von den Hartz-Gesetzen über die Rente mit 67 bis zu den heutigen Maßnahmen – war ein „Versehen“.
Sie waren kein Fehler, den eine andere Regierung wieder gut machen würde, wie manche SPD-Politiker uns derzeit weismachen wollen. Nein, sie sind Waffen, die die kapitalistische Klasse in dem Krieg um ihren Profit verlangt. Und es werden nicht die letzten sein.

Es wäre eine gefährliche Illusion zu hoffen, dass dieser Krieg von alleine aufhört. Die Herrschenden werden unsere Arbeits- und Lebensbedingungen immer weiter herabdrücken. Bis zu dem Tag, an dem wir Arbeiter wieder den Kampf dagegen aufnehmen und es uns letztlich gelingt, mit dem ganzen Ausbeutungssystem Schluss zu machen.

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