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Nr. 92, Dezember 2016 - Leitartikel

Rente: Die Regierung sorgt vor – für die Kapitalisten

SPD und CDU haben ihr lang angekündigtes Renten-Gesetz beschlossen. Und? Nimmt die Regierung darin auch nur eine der „Reformen“ zurück, die das Leben der älteren Generationen bereits so verschlechtert haben? Die dazu geführt haben, dass in einer der größten Wirtschaftsmächte der Welt schon mehr als jeder sechste Rentner in Armut lebt? Natürlich nicht. Sie will die Entwicklung im Gegenteil weiter verschärfen. Ihre Antwort auf unsere niedrigen Renten ist… noch mehr Zusatz-Renten einzuführen.

Ja, sie will uns Arbeiter noch mehr dazu drängen, auf Lohn zu verzichten und davon eine zusätzliche Rentenversicherung abzuschließen. Sogar Arbeiter mit Niedriglöhnen und Minijobs sollen nach ihren Plänen in eine Zusatzrente einzahlen. Als ob ein Paketbote mit 9 € Stundenlohn oder eine Kassiererin mit 400 Euro-Job dafür Geld auftreiben könnten!

Schon als sie vor 14 Jahren die Riester-Rente eingeführt haben, haben sie uns erzählt, mit so einer Zusatzrente könnten wir unsere Renten im Alter sichern. Das Gegenteil ist passiert: Die Altersarmut ist heute größer als vor der Riester-Rente. Wie sollte es auch anders sein?

Gerade diejenigen mit den niedrigen Löhnen konnten sie sich nicht leisten. Viele andere, die eine Riester-Rente abgeschlossen haben, haben erlebt, wie die Versicherungen einen Teil der Beiträge als „Gebühren“ abgezweigt haben. Und wie ein Teil des eingezahlten Geldes weg war, als sie aus irgendeinem Grund die Beiträge nicht mehr zahlen konnten. Am Ende haben sie für ihre Beiträge deutlich weniger Rente rausbekommen als bei der gesetzlichen Rente.

In die gesetzliche Rente zahlen nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Unternehmer ein. Und die Beiträge werden unmittelbar unter den heutigen Rentnern aufgeteilt. Bei den privaten Renten jedoch zahlt nur der Arbeiter, und zwar an einen Versicherungskonzern, dessen Job es ist, damit selber sofort möglichst viel Geld zu verdienen und später möglichst wenig auszuzahlen – wie alle Versicherungen.

Aus all den Gründen haben viel weniger Arbeiter Riester-Renten abgeschlossen als erwartet. Und daher will die Regierung sie nun unter Druck setzen. Mit dem neuen Gesetz kann eine Zusatz-Rentenversicherung im Tarifvertrag festgeschrieben werden. Und die CDU plant, sogar Geringverdiener zu einer Zusatz-Rente zu zwingen! Und zwar, indem nur unter dieser Bedingung später ihre niedrige Rente aufgestockt werden soll.

Mit allen Mitteln wollen sie uns in Zusatz-Versicherungen drängen. Damit die Versicherungskonzerne eine neue Profit-Quelle bekommen. Und weil dadurch zwar die Renten-Beiträge für die Arbeiter massiv steigen, die Unternehmer bei diesem Teil der Rente aber nichts zahlen müssen.

Die Unternehmer tragen die Hauptverantwortung für die niedrigen Renten. Sie haben mit Niedriglöhnen, Teilzeit und Minijobs die Renten vieler Arbeiter – und erst recht vieler Arbeiterinnen – in den Keller gedrückt. Sie haben mit den Massenentlassungen Löcher in die Rentenkassen gerissen. Sie zwingen mit ihrer Ausbeutung immer mehr Arbeiter, vorzeitig mit hohen Abzügen in Rente zu gehen. Dadurch konnten sie ihre Gewinne und Vermögen massiv steigern.

Und die Arbeiter sollen jetzt Zusatz-Renten bezahlen und im Alter in Armut leben… während die Rentenbeiträge der Unternehmer immer gleich niedrig bleiben.
Damit es zumindest so aussieht, als müssten die Unternehmer sich beteiligen, nennt die Regierung die Zusatz-Renten nicht mehr Riester-Renten, sondern „Betriebsrenten“. Doch das ist Etiketten-Schwindel. Betriebsrenten, wie es sie bislang in vielen Großbetrieben gab, sind Renten, in die der Unternehmer mehr einzahlt als der Arbeiter. Und wo der Unternehmer jedem Arbeiter bis zum Tod eine feste Rente garantiert.

Viele Kapitalisten wollen diese Betriebsrenten schon lange loswerden. Sicher werden sie die Gelegenheit nutzen, um nun stattdessen die neuen „Betriebsren-ten“ einzuführen: Denn bei denen zahlt fast nur der Arbeiter. Und wenn der Unternehmer was dazu gibt, übernimmt der Staat noch einen Teil davon.

Vor allem jedoch hat man keinerlei Garantie, wie viel Rente man rausbekommt. Man kann jahrelang einzahlen. Doch sind die Zinsen niedrig, bekommt man fast nichts. Im schlimmsten Fall, bei Insolvenz, bekommt man gar nichts. Viele Rentner in den USA können davon ein bitteres Lied singen.

Das neue Gesetz trägt weiter dazu bei, dass die Arbeiter immer mehr für immer unsichere Renten bezahlen – zur Freude der Unternehmer und der Versicherungskonzerne. Und für die Herrschenden gibt es kein Ende. Kaum ist dieser Angriff beschlossen, redet die CDU schon von der Rente ab 70. Dann haben viele Arbeiter von ihrer Rente gar nichts mehr!

Die Auseinandersetzungen um die Renten sind Teil des erbitterten Kampfes, den die herrschende Klasse auf allen Ebenen gegen die arbeitende Bevölkerung führt. Wie es für unsere Renten weitergeht, hängt davon ab, ob es uns gelingt, in diesem Kampf unsere Interessen als Arbeitende durchzusetzen.

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