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Nr. 22, August 2010 - Ihre Gesellschaft

Gesundheitsreform: Symptom einer tödlichen Krankheit

Alle verwirrenden Zahlenspiele der Regierung können es nicht verbergen: Die geplante Gesundheitsreform ist ein Geschenk an die Arbeitgeber und dafür ein knallharter Angriff auf die einfache Bevölkerung.

Die Krankenkassenbeiträge sollen auf 15,5% steigen. Und dann will die Regierung den Anteil der Arbeitgeber einfrieren. Alle künftigen Beitragserhöhungen sollen dann alleine die Versicherten, die Arbeitenden und Rentner, zahlen – und zwar über die Zusatzbeiträge. Denn die Zusatzbeiträge bezahlen nur wir, nicht die Arbeitgeber.

Geschenk an die Bosse

In Zukunft sollen die Krankenkassen die Zusatzbeiträge beliebig in die Höhe schrauben dürfen. Auf 20 Euro im Monat, oder 30, 40,... – und das alles unabhängig vom Einkommen des Versicherten. Eine alleinerziehende Mutter oder ein Minijobber muss dann genauso viel Zusatzbeitrag zahlen wie jemand mit 4000 Euro im Monat.

Zwar verspricht die Regierung, dass der Staat einen Teil des Zusatzbeitrages übernimmt für die Menschen, bei denen dieser deutlich mehr als 2% des Bruttoeinkommens ausmacht. Doch selbst wenn die Regierung ihr Versprechen auf Dauer halten sollte, bedeutet es dennoch: Die Allgemeinheit muss aus Steuergeldern diesen Beitrag zahlen - und nicht mehr der Arbeitgeber.

Die jetzige Reform der CDU-FPD-Regierung ist damit die direkte Fortsetzung der Gesundheitspolitik der letzten Jahre. Die SPD-Regierung Schröder hat die Praxisgebühr, 0,9% Sonderbeitrag der Versicherten, erhöhte Zuzahlungen bei Medikamenten und vieles mehr eingeführt. Die Große Koalition hat die Zusatzbeiträge erfunden. Alle Regierungen haben die Kosten des Gesundheitswesens so immer stärker von den Unternehmern auf die einfache Bevölkerung abgewälzt.

Und während wir so immer mehr bei Medikamenten, teuren Geräten und Krankenhausaufenthalten selbst zahlen müssen, während sich immer mehr Menschen notwendige Behandlungen nicht einmal mehr leisten können, müssen sich die Unternehmen immer weniger an der Finanzierung des Gesundheitswesens beteiligen.

Die Arbeit macht krank

Dabei ist es die Ausbeutung auf der Arbeit, die einen wesentlichen Teil unserer Krankheiten verursacht. Nicht umsonst zählen Skelett- und Kreislauferkrankungen zu den häufigsten Krankheiten in Deutschland.

Mit ihren ständigen Einsparungen und Rationalisierungen verschärfen sie Stress, angespannte und ungesunde Körperhaltungen. Arbeit mit ungesunden Stoffen, in Hitze oder Durchzug sind an der Tagesordnung. Eigentlich wäre es daher selbstverständlich, dass die Unternehmen für unsere Gesundheitsversorgung aufkommen.

Und vor allem: Als das System der Krankenkassen eingeführt wurde, geschah dies im Interesse der Unternehmen. Nicht aus Menschenliebe, sondern weil sie ihre Arbeiter nur dann längerfristig ausbeuten konnten, wenn diese halbwegs gesund waren. Ein Versicherungssystem war für sie die billigste Variante. Alternativ hätten sie jedem Arbeiter so viel Lohn zahlen müssen, dass er für sich und seine Familie im Krankheitsfall selber die Behandlungskosten tragen könnte.

Doch in den letzten Jahrzehnten haben sich die Unternehmen immer mehr zu reinen Schmarotzern entwickelt, die ihren Profit nur noch als Parasiten erhöhen: Indem sie uns immer stärker aussaugen und indem sie jede öffentliche Kasse plündern, selbst wenn sie dabei selber die Grundlagen für das Funktionieren ihrer eigenen, kapitalistischen Wirtschaft in Gefahr bringen. Dies sind die Symptome der tiefen Fäulnis und tödlichen Krankheit, an der die Gesellschaft schon lange leidet.

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