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Nr. 141, April 2021 - Leitartikel

Mitten in der Pandemie: Das Großkapital bereichert sich wie noch nie

Während die Bevölkerungen weltweit unter der Pandemie mit all ihren verheerenden Folgen leiden, haben die 2.365 Milliardäre der Welt ihr Vermögen um satte 54% gesteigert. Diese kleine Minderheit großer Kapitalisten – die Großaktionäre der Industrie, der Banken, der Lebensmittel-, Bau- und Pharmakonzerne – haben sich seit März 2020 um unfassbare 4.000 Milliarden Dollar bereichert.
In derselben Zeit haben die Lohnabhängigen weltweit fast exakt die gleiche Summe, 3.700 Milliarden Dollar, verloren. Die für uns Arbeitende lebenswichtigen Einkommen, die uns durch Entlassungen, Lohnkürzungen und Kurzarbeit geraubt wurden, sind also direkt auf die Konten des Großkapitals geflossen!

Diese Zahlen, die die Börsennachrichten der ARD am 7. April veröffentlicht haben, machen eines ganz deutlich: Wenn auch einzelne Branchen von der Pandemie getroffen werden, so hat die große Mehrheit das Virus als Vorwand genutzt, um uns anzugreifen: Um Löhne einzufrieren oder gar zu senken. Und um noch mehr von uns, allen voran die Leiharbeiter*innen, zu entlassen und noch mehr Arbeit aus noch weniger Arbeitenden herauszupressen.
Wie viele verlieren gerade ihre Arbeit – während die übrigen am Ende der Schicht noch kaputter sind als vorher!

Letztes Jahr wurden weniger Autos hergestellt als sonst. Doch wurde dies genutzt, um das Arbeitstempo zu verlangsamen? Um den Kolleg*innen, die den ganzen Tag mit Maske arbeiten müssen, zusätzliche Erholungspausen zu ermöglichen? Hat man das Fließband langsamer gestellt, damit die Arbeitenden nicht eng neben- und sogar übereinander arbeiten müssen – mit entsprechend hoher Ansteckungsgefahr?

Das Gegenteil ist der Fall! Die Auto- und Zuliefererfirmen haben fast alle Leiharbeiter*innen und auch Festangestellte entlassen und schicken immer wieder Arbeitende für einzelne Tage in Kurzarbeit – während alle anderen an den Fließbändern, den Maschinen und in den Büros noch mehr ausgelaugt werden als vorher.
Genau dasselbe hat die Metallindustrie in der Finanzkrise von 2008 gemacht: Sie hat die Kurzarbeit genutzt, um auszuprobieren, mit wie wenig Leuten die Arbeit noch irgendwie zu schaffen ist. Und dann hat sie entsprechend viele entlassen und alle anderen dauerhaft mehr arbeiten lassen.

Mit diesen Methoden haben es VW, Daimler und BMW auch diesmal geschafft, mitten in der Pandemie 16,6 Milliarden Euro Gewinn zu machen und mehrere Milliarden Euro Dividende allein an die Familien Quandt, Klatten und Porsche-Piëch auszuzahlen. Während im gleichen Zeitraum 20.000 Arbeitende von diesen drei Konzernen in die Arbeitslosigkeit gestoßen wurden!

Die Metallindustrie ist keine Ausnahme. Fast überall haben sich die Arbeitsbedingungen im letzten Jahr weiter verschlechtert. Da sind nicht nur das Arbeiten mit Maske, geschlossene Kantinen, versetzte Arbeitszeiten und andere durch die Pandemie bedingte Erschwernisse, für die es keinerlei Ausgleich gibt. In zahllosen Betrieben wurde uns obendrein noch mehr Arbeit aufgezwungen – bei gleichzeitig stagnierenden oder sogar sinkenden Löhnen.

Bei großen Einzelhandelsketten wie Ikea war das „Click und Collect“ so erfolgreich, dass die Manager es weiter angeboten haben, als die Läden wieder geöffnet waren – natürlich ohne dafür jemanden zusätzlich einzustellen. Die Verkäufer*innen müssen nicht nur die Kunden bedienen, sondern gleichzeitig durch den Laden rennen und Online bestellte Warenkörbe zusammenstellen.
Ganz zu schweigen von den Paketzusteller*innen bei DHL oder Amazon, deren Arbeitstage seit dem Boom des Online-Handels gar nicht mehr enden – und das (oft nicht mal) zum Mindestlohn.
Und in den Krankenhäusern und Pflegeheimen? Wurde da in der Pandemie auch nur eine zusätzliche Pflegekraft oder Reinigungskraft eingestellt? Im Gegenteil! Die Beschäftigten müssen diese Extremsituation sogar mit 9.000 Pflegekräften WENIGER als noch vor einem Jahr bewältigen!
Viele gehen regelrecht am Stock, während das öffentliche Geld, das für Einstellungen in Krankenhäusern oder Kitas genutzt werden könnte, in „Konjunktur-pakete“ fließt, deren Milliarden auf den Konten der Konzerne landen.

Niemand von uns steht alleine da. Wir sind dutzende Millionen, die ähnliches erleben. Wir alle sind Opfer des gleichen Klassenkampfes, den die kapitalistische Klasse gegen uns führt – entschlossen, sich in der Krise noch mehr zu bereichern als zuvor.

Doch wir müssen keine Opfer bleiben. Um unsere Haut zu verteidigen, können und müssen wir Arbeitende ebenfalls den Kampf aufnehmen. Und dabei haben wir eine große Stärke. Wir sind viele. Und wir haben alle die gleichen grundlegenden Interessen, die uns vereinen. Wir alle brauchen einen Arbeitsplatz mit Arbeitsbedingungen, die uns nicht kaputt machen und einem Lohn, von dem wir vernünftig leben können.

Zu kämpfen scheint heute weit weg und schwer vorstellbar. Viele von uns haben noch keinen Streik erlebt, kennen nur die Vereinzelung im Betrieb, während die Bosse so stark und mächtig scheinen. Doch ihre ganze Stärke und ihr ganzer Reichtum beruht auf unserer Arbeit, auf unserer Ausbeutung. Das ist ihre Achillesferse. Ohne uns sind sie Nichts.

Und an dem Tag, an dem die ersten von uns den Kampf wieder aufnehmen, werden wir merken, dass wir Arbeitenden viel stärker und wichtiger sind als diese kleine Minderheit von Parasiten – und dass wir der Gesellschaft eine viel bessere Zukunft zu bieten haben.

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