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Nr. 96, April 2017 - Internationales

Die syrische Bevölkerung, Opfer der Machtkämpfe beider Seiten

Über 80 Menschen, unter ihnen viele Kinder, wurden am 4. April bei dem hinterhältigen Nervengas-Angriff auf die syrische Stadt Chan Schaichun auf grausame Art ermordet. Das Regime des syrischen Diktators Assad wird für diesen Anschlag verantwortlich gemacht.
Zwei Tage später hat daraufhin die US-Armee einen Militärstützpunkt der Regierung Assad mit über 50 Raketen beschossen. Das ist neu. Bisher hatte die USA ausschließlich die Gegenden bombardiert, in denen der Islamische Staat (IS) die Macht hat.
US-Präsident Trump begründet den Angriff damit, man dürfe solche Taten nicht ungestraft lassen und müsse dafür sorgen, den Schrecken für die Zivilbevölkerung zu beenden. Eine größere Heuchelei kann es kaum geben. In Wahrheit interessieren sich Donald Trump und die Staatschefs der anderen Großmächte einen Dreck um das Leid der syrischen Zivilbevölkerung.

Sie sind nicht nur maßgeblich für diesen grausamen Krieg verantwortlich. Sie haben auch längst entschieden, dass sie Assad in Syrien an der Macht lassen wollen. Und die jüngsten Raketenangriffe bedeuten keinesfalls, dass sie den skrupellosen Diktator Assad nicht morgen wieder am Tisch der Staatschefs begrüßen werden.

Als alle Regionalmächte (Saudi-Arabien, Türkei, Iran...) anlässlich der Proteste gegen das Assad-Regime 2011 dschihadistische Milizen bewaffneten, um ihre Interessen in Syrien durchzusetzen, da haben auch die USA und die großen EU-Staaten bei der Bewaffnung dieser sogenannten Rebellen mitgeholfen. Dieser Stellvertreterkrieg hat Syrien in ein unbeschreibliches Chaos gestürzt. In diesem Chaos ist der IS geboren, der sich in dem zerrütteten Land schnell ausbreiten konnte und allen anderen Kriegsparteien Probleme machte.

Die USA versuchten daraufhin, eine große Koalition gegen den IS auf die Beine zu stellen. Doch auch das gelang nur mäßig.
Außerdem hielt sich das Assad-Regime weiterhin, und keine der zahlreichen dschihadistischen Rebellengruppen erwies sich als fähig, Assad zu ersetzen und die Macht in Syrien zu übernehmen.

Nachdem die westlichen Staaten also mehrere Jahre lang dazu beigetragen hatten, Syrien ins Chaos zu stürzen, um angeblich die syrische Bevölkerung von Assad zu befreien, fingen sie nun an, in der Assad-Diktatur doch die für sie beste und stabilste Lösung zu sehen. Das war der Moment (im Jahr 2015), wo Russland eingegriffen hat und seitdem Assad hilft, die verlorenen Gebiete zurückzuerobern.
Als jetzt die US-Botschafterin der UNO am 30. März erklärte, die Absetzung Assads habe für sie keine Priorität mehr, hat sie nur offen ausgesprochen, was schon lange ein Fakt ist.

Und was den jüngsten Raketen-Angriff betrifft, so scheint es im Moment am Wahrscheinlichsten, dass er ein Teil des Machtpokers der USA ist, die den Diktator Assad in Syrien anerkennen, ihm und dem Rest der Welt aber gleichzeitig zu verstehen geben wollen, dass die USA noch immer die Mächtigeren sind.

Bezahlen tut für all diese imperialistischen Manöver die syrische Bevölkerung. Sie ist das Opfer der Bombardierungen und Giftgasangriffe durch die syrische Regierung und Russland. Sie ist das Opfer der terrorisierenden Rebellenmilizen und des Islamischen Staates. Sie ist auch das Opfer all der Bombardierungen durch die USA und mehrere europäische Staaten, die in Syrien im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus Bomben auf Schulen, Dörfer und Flüchtlingslager werfen und jeden Monat hunderte Zivilisten töten.

Und ganz gleich, wie das Kräftemessen zwischen USA, Assad und Russland weitergeht, haben sie alle der syrischen Bevölkerung keine andere Zukunft zu bieten als weitere Unterdrückung, weiteres Leid und höchstwahrscheinlich weiteren Terror und Krieg – genau wie im Irak.

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