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Nr. 104, Januar 2018 - Internationales

Iran: Proteste gegen die hohen Preise, die Arbeitslosigkeit… und das ganze Regime

Zwei Wochen lang haben jüngst Demonstrationen von Arbeitslosen und jungen Arbeitern das Regime im Iran erschüttert.
Sie schrien ihre Wut über ihre verzweifelte Lage heraus: über die Preise für Grundnahrungsmittel, die um 40% gestiegen sind. Über die Löhne, die zum Teil seit Monaten nicht ausgezahlt wurden. Über die hohe Jugendarbeitslosigkeit von fast 30%. Über Präsident Rohani und die Regierung, die für Armee und Kriege 20% mehr Geld ausgeben will, während sie gleichzeitig die staatliche Unterstützung für die ärmsten Familien streicht. Und überhaupt über diese erdrückende, heuchlerische Diktatur, die sich die Taschen vollmacht, während sie gleichzeitig Moral predigt und jedes „falsche“ Verhalten unterdrückt.

Nicht wenige der Demonstranten waren noch vor wenigen Jahren Unterstützer des Regimes. Doch der Mythos der islamischen Republik, deren religiöse Einrichtungen für die arme Bevölkerung sorgen würden, ist gründlich zerstört. Zwar sind nicht zuletzt das Embargo, das die USA und die EU jahrelang über den Iran verhängt hatten, und die weltwirtschaftliche Krise für die wirtschaftliche Lage im Iran verantwortlich.
Doch auch die mit der Regierung verbundenen reichen Familien und die hohen religiösen „Würdenträger“ plündern das Land seit Jahrzehnten aus. Erst neulich kam heraus, dass die religiösen Einrichtungen im Iran sich 40% des Staatshaushaltes unter den Nagel reißen. Das hat mit dazu beigetragen, dass das Fass der schon länger schwelenden Wut überlief. „Das Volk bettelt, die Mullahs benehmen sich wie Götter“ und „Tod dem Diktator“ (dem religiösen Führer), riefen die Demonstranten.
Die Ironie der Geschichte: Gerade die konservativen, von den religiösen Führern unterstützten Kräfte um den ehemaligen Präsidenten Ahmadinedschad hatten anfangs die Proteste unterstützt. Diese Kräfte hatten bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2013 gegen den sogenannten „moderaten“ Kandidaten Rohani verloren. Sie hatten gehofft, den Präsidenten zu ihren Gunsten zu schwächen. Doch die Demonstranten ließen sich nicht von ihnen lenken und unter Kontrolle halten, sie wandten sich gegen beide Clans. Wütend und vor allem ängstlich stellten sich die religiösen Führer daraufhin schnell an Seiten Rohanis gegen die Demonstranten.

Was die EU-Staaten angeht, so hielten sie sich sehr bedeckt und waren offensichtlich erleichtert, als es Rohanis Polizei gelang, die wütenden und unkontrollierbaren Arbeiter und Armen niederzuschlagen… sodass die EU-Staaten und ihre Konzerne wieder in Ruhe Geschäfte mit dem Iran machen können, die seit Ende des Embargos florieren.

Für den Moment scheint der Staat mit seiner brutalen Gewalt, mit dutzenden ermordeten, dutzenden „verschwun-denen“ Demonstranten und tausenden kurzzeitigen Festnahmen die Proteste gestoppt zu haben. Doch die Wut schwelt weiter. Und noch immer scheint es zahlreiche Streiks zu geben, in Kraftwerken, Bergwerken, von Tanklastfahrern, öffentlichen Angestellten und anderen, die verlangen, dass das Regime ihnen ihre ausstehenden Löhne zahlt. Und eben weil sie die ganze Wirtschaft am Laufen halten, stellen diese Arbeiter eine Kraft dar, die das Regime nicht ewig unterdrücken kann.

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