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Nr. 131, Mai 2020 - Ihre Gesellschaft

Die Ursache der Wirtschaftskrise ist der Kapitalismus, nicht das Virus

300.000 Menschen haben im April ihre Arbeit verloren. Zig Konzerne haben Entlassungen angekündigt. Und keiner verhehlt, dass dies wohl erst der Anfang war. Denn die Pandemie hat eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst, die die schlimmste seit dem 2. Weltkrieg zu werden droht.
Dabei hat die Wirtschaft in den letzten Wochen wahrlich keinen Weltkrieg erlebt! Betriebe, Straßen, Strom, Wasser sind nicht zerstört wie damals. Alles ist intakt: Das einzige, was passiert ist, ist das die Wirtschaft gezielt für einige Wochen heruntergefahren wurde, um die Verbreitung des Virus einzudämmen – eine lebensnotwendige Maßnahme, wie man an Ländern wie Großbritannien sieht, die mit diesem Herunterfahren gezögert und nun weit über 35.000 Corona-Tote zu beklagen haben.
 
Wenn man die riesigen Mengen an Gütern und Kapital nutzen würde, die die kapitalistische Klasse in den letzten Jahren des Wachstums angehäuft hat, könnte die Gesellschaft problemlos ein paar Monate Stillstand verkraften – und anschließend Produktion und Handel wieder hochfahren, ohne dass es zu Lohnverlusten, Entlassungen oder Pleiten kommen müsste.
 
Doch so funktioniert die kapitalistische Wirtschaftsordnung nicht. Sie wird nicht vernünftig und geplant organisiert. Das meiste Kapital und die Konzerne befinden sich in den Händen einer kleinen Minderheit von Kapitalisten – und die denken nicht an die Allgemeinheit, sondern daran, in der Krisensituation mit ihren geschrumpften Absatzmärkten ihre Konkurrenten zu überholen und einige zu vernichten – um dabei selber noch reicher zu werden.
 
Den Preis dieses verschärften Konkurrenzkampfes bezahlen wir Arbeitenden. Um ihre Konkurrenten zu schlagen, werden die Konzerne noch billiger arbeiten, das heißt noch mehr Arbeiter entlassen, Löhne kürzen und auslagern. Vielen kleine und einige große Firmen werden den Kampf nicht überleben. Doch auch die anderen werden ihren Sieg im Konkurrenzkampf mit einem Massaker an unseren Arbeitsplätzen und Löhnen erkaufen.
Schon in den ersten Krisen-Wochen haben einige Kapitalisten gnadenlos Geld gescheffelt: bei Nestlé und Aldi, Bayer und Novartis, Google. Allein die Besitzer von Amazon und Facebook (Bezos und Zuckerberg) haben ihr Vermögen in den letzten zwei Monaten um 60 Milliarden Dollar gesteigert!
 
Also nein, im Gegensatz zu dem neuen Virus ist die Wirtschaftskrise keine unabwendbare Naturkatastrophe. Sie ist die Folge einer Wirtschaftsordnung, die auf Privateigentum an Kapital und Firmen, Profitgier und Konkurrenzkampf beruht. Die dadurch unfähig ist, auf Veränderungen anders als mit Krisen zu reagieren – Krisen, aus denen die Reichen jedes Mal noch reicher, die Armen zahlreicher und die Gesellschaft noch kränker hervorgeht.
 
Wir Arbeiter können nur verlieren, wenn wir uns in ihre Konkurrenz- und Krisenlogik hineinziehen lassen. Wir müssen uns auf unseren eigenen Kampf vorbereiten: gegen ihre Versuche, ihre Krise auf uns abzuwälzen – und letztlich gegen ihre gesamte Wirtschaftsordnung.

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