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Nr. 94, Februar 2017 - Leitartikel

Trump: Was erwartet die Arbeiter in den USA – und bei uns?

Donald Trump wollte beweisen, dass er ein Mann der Tat ist – zumindest wenn es gegen die Migranten geht. Er hat alles Mögliche verkündet, allem voran, dass Staatsbürger aus dem Iran, Irak, Jemen, Syrien, Sudan, Libyen und Somalia nicht mehr in die USA einreisen dürften. Drei Wochen später jedoch hat er seine rassistische Anordnung noch immer nicht durchsetzen können. Stattdessen hat er eine Welle von Demonstrationen ausgelöst, wie es sie in den USA seit Jahren nicht gegeben hat.

Hunderttausende sind spontan auf die Straße gegangen. Empört, dass man die Bevölkerung ganzer Länder als Terroristen behandelt. Empört über die Willkür dieser Anordnung. Menschen, die zum Beispiel seit Jahren in den USA leben und nur ihre Verwandten im Jemen besucht hatten, durften nicht mehr zurück zu ihrer Familie in den USA.
Hunderttausende haben da entschieden, dass sie der Politik nicht nur zuschauen dürfen, sondern selber etwas unternehmen müssen. Und wer weiß, ob die Gerichte ohne die Proteste auch so einstimmig entschieden hätten.

Trump hat auch Gegenwind von vielen Unternehmern bekommen. Zwar haben die Konzernchefs normalerweise kein Problem damit, wenn die Politiker mit rassistischen Gesetzen die Arbeiter spalten und ablenken. Aber dass Fluggesellschaften zehntausende Passagiere verlieren sollten und Konzerne wie Ford oder Apple ihre Computerspezialisten mit syrischem Pass nicht mehr auf Geschäftsreise schicken oder ihre iranischen Geschäftspartner nicht mehr einladen können sollten, das wäre für ihre Geschäfte ein echtes Problem.

Die kapitalistische Klasse der USA ist dabei, Trump klar zu machen, dass er zwar im Wahlkampf alles erzählen durfte. Dass er aber, wenn er regieren will, die Politik umzusetzen hat, die sie von ihm verlangt.
Für die Arbeiter in den USA ist damit die Gefahr allerdings nicht vorbei. Denn Trump soll nicht nur wie sein Vorgänger Obama die Banken und Konzerne weiter mit Geschenken überhäufen und die Arbeiter noch ärmer machen. Es sieht so aus, dass die US-Konzerne Trump auch als Gelegenheit sehen, eine aggressivere Wirtschaftspolitik im In- und Ausland umzusetzen, die ihnen in der Krise Vorteile verschaffen soll.
Das fängt an mit Trumps Plänen, die letzten Regeln für die Banken abzuschaffen, die Steuern für Unternehmer von 35 auf 15% zu senken und die Arbeits- und Umweltschutzgesetze drastisch zu verschlechtern. Und vielleicht sogar höhere Zölle auf bestimmte Waren einzuführen, die ausländische Konkurrenten in die USA importieren, wodurch deren Preise steigen.

Für die Arbeiter würde dies höhere Preise, noch weniger Geld für Schulen und Krankenhäuser und noch schlechtere Jobs bedeuten. Und die rassistischen Angriffe auf die ausländischen Arbeiter kommen noch obendrauf.
Ob Trump diese Maßnahmen für die Kapitalisten allerdings widerstandslos durchsetzen kann, wird sich zeigen. Die Proteste der letzten Wochen waren jedenfalls kein schlechter Anfang.

In Deutschland haben fast alle Politiker und Konzernchefs ein starkes Europa „der Vernunft“ heraufbeschworen, das sich Donald Trump entgegenstellen und die Werte von Freiheit und Weltoffenheit verteidigen solle. Doch Europa ist weder geeint, noch war es je von solchen Werten geleitet.

Deutschlands Wirtschaft ist eine Exportwirtschaft – mehr als quasi jede andere auf der Welt. Deshalb sind gerade die deutschen Konzerne gegen alle Zölle und anderen Maßnahmen, die es ihnen erschweren könnten, in die USA zu exportieren. Darum und um nichts anderes geht es ihnen bei der Verteidigung von „Freiheit und Weltoffenheit“. Sie wollen die Freiheit verteidigen, weltweit zu exportieren und Gewinne zu machen. Und dafür sind auch sie zu einer aggressiveren Politik bereit.

Die Arbeiter haben bei diesem Kräftemessen um Zölle oder Freihandel nichts zu gewinnen. Denn die Verkäufe der Konzerne haben nichts mit der Sicherheit der Arbeitsplätze zu tun. VW hat so viele Autos verkauft wie nie, Siemens macht Rekordgewinne, und trotzdem vernichten sie zehntausende Jobs. In ihrer Auseinandersetzung geht es einzig um die Interessen der Unternehmer.

Die Interessen der Arbeiter hingegen schützt keiner der heute herrschenden Politiker. Ganz sicher kein Donald Trump. Doch auch nicht die, die sich wie Obama und Clinton, oder Merkel und Schulz besonnen und weltoffen geben.

Nicht nur, weil sie ihren Wählern mit ihrer arbeiterfeindlichen Politik schon so viele Enttäuschungen bereitet und damit zündelnden, gefährlichen Demagogen wie Donald Trump oder der AfD den Weg bereitet haben. Sondern auch, weil sie alle versuchen, uns in den immer aggressiveren Konkurrenzkampf zwischen den Kapitalisten und ihren Staaten hineinzuziehen. Und weil sie alle vergessen machen, dass hinter ihnen eigentlich ganz andere die Macht haben, nämlich diejenigen, die das Kapital besitzen und damit das Recht und die Macht haben, über die wesentlichen Fragen der Gesellschaft zu entscheiden.

Wir Arbeiter dürfen die Politik nicht den Regierungen und Präsidenten überlassen. Wir müssen für unsere Interessen wieder zu kämpfen anfangen – gegen die wahren Machthaber, die kapitalistische Klasse. Bis dahin, dass es uns eines Tages gelingt, den Kapitalisten die Macht über die Konzerne und damit über die Gesellschaft wegzunehmen.

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