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Nr. 49, Januar 2013 - Ihre Gesellschaft

Teures Chaos auf dem Rücken der Arbeiter und der Allgemeinheit

Ob der Berliner Flughafen, Stuttgart 21, die Hamburger Elbphilharmonie, die U-Bahn in Köln… Diverse öffentliche Großprojekte enden derzeit in einer Katastrophe, mit jahrelangen Verzögerungen und vor allem gigantischen zusätzlichen Kosten – oft Mehrausgaben in Milliardenhöhe für die öffentlichen Kassen.

Ein Teil dieser Verteuerungen und Verzögerungen war in Wahrheit von Anfang an einkalkuliert. Denn die Baukonzerne wie Hochtief oder Bilfinger Berger machen bewusst niedrigere Angebote als die Summe, die sie eigentlich später kassieren wollen – damit sie den öffentlichen Auftrag erst einmal bekommen. Sie wissen: Sobald das Bauprojekt einmal angefangen hat, hört keiner mehr mittendrin auf. Dann verlangen sie nachträglich mehr. Und die Politik, mit der diese Baulöwen ohnehin sehr enge Kontakte pflegen, treibt die zusätzlich verlangten Gelder irgendwie auf.

Dazu kommt das teure Chaos, das das heutige System auf den Baustellen verursacht, bei dem die Baukonzerne Subfirmen engagieren, die ihrerseits Sub-Sub-firmen bestellen, welche Sub-Sub-Subfirmen anheuern, die dann Leiharbeiter einstellen. Dieses System ist in den letzten Jahren immer verrückter geworden: Mittlerweile weiß auf den Baustellen die rechte Hand oft nicht mehr, was die linke macht, und wer wofür verantwortlich ist. Doch das fällt immer erst dann auf… wenn es zu spät ist.

Jede dieser hunderte Firmen, die auf einer Großbaustelle arbeiten, möchte außerdem Gewinn machen. Hunderte Unternehmer zweigen sich daher jeder von dem Budget der Baustelle ihren Gewinn-Anteil ab – am meisten natürlich die großen Baukonzerne. Und das bedeutet, dass sie dafür bei allem anderen umso mehr zu sparen versuchen.
Das fängt bei den Löhnen der Arbeiter an, die im besten Fall den Mindestlohn bekommen, oftmals deutlich weniger – wenn sie nicht gar schwarz für 4 Euro die Stunde schuften müssen.

Dann sparen die Firmen massiv an der Sicherheit für die Bauarbeiter, deren Leben sie damit aufs Spiel setzen. Allein beim Bau des Berliner Flughafens starben bereits offiziell vier Arbeiter, von denen zwei Arbeiten ohne Sicherungen erledigen mussten und dabei in die Tiefe stürzten. Bundesweit hat sich die Zahl solcher tödlichen Baustellenunfälle zwischen 2009 und 2011 verdoppelt!

Und letztlich nehmen die Baufirmen mit ihren Einsparungen bei der Qualität des Materials und der Arbeit, mit ihren gefälschten Prüfungen und Sicherheitsprotokollen auch die Gefährdung aller Anwohner und Nutzer billigend in Kauf. So war es bei der Kölner U-Bahn, wo dieser Pfusch das Kölner Stadtarchiv zum Einsturz brachte und zwei Menschen tötete, und wo heute nun der Kölner Dom vibriert. Oder auch beim Berliner Flughafen, wo nicht einmal die Brandschutztüren funktionieren.

Dabei wäre es nicht nötig, dass jedes öffentliche Großprojekt in horrenden Mehrausgaben für die öffentlichen Kassen, in Niedriglöhnen und einer Gefahr für alle Arbeiter, Anwohner und Verbraucher endet. Statt private Firmen zu beauftragen, könnte der Staat seine Bauprojekte selber durchführen und die hierfür notwendigen Arbeiter direkt einstellen.
Dann könnte die Bevölkerung auch auf der Grundlage einer offenen und realistischen Planung entscheiden, welche der Bauvorhaben sie wirklich will, und könnte diese überwachen. Und das Geld, das sich ansonsten die großen Haie der Bauwirtschaft als Profit einverleiben, könnte dann in vernünftige Löhne und in die Sicherheit fließen… und selbst dann wäre noch viel Geld übrig.

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