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Nr. 132, Juni 2020 - Leitartikel

In den USA und weltweit: Nieder mit Rassismus und Polizeigewalt!

Der Mord an George Floyd am 25. Mai hat weltweit eine Schockwelle ausgelöst. In den USA sind seitdem Hunderttausende auf die Straße gegangen, um ihre Wut herauszuschreien. Ihre Wut über diesen kaltblütigen rassistischen Mord an einem Mann, der gefesselt am Boden lag und verzweifelt flehte, dass er keine Luft mehr bekommt. Ein Mord, der an die Barbarei der Lynchmorde und der Rassentrennung erinnert, auf deren Grundlage der Kapitalismus in den USA gegründet wurde und groß geworden ist.

Das Knie auf dem Hals von G. Floyd ist dasselbe Knie, das die Schwarzen in den USA seit langem niederdrückt. Bis heute werden sie auf allen Ebenen diskriminiert. Sie bekommen die schlechtesten Arbeitsplätze und Wohnungen, die schlechteste Bildung, die schlechteste Gesundheitsversorgung, weshalb es unter ihnen auch so besonders viele Opfer des Coronavirus gab.

Als Obama gewählt wurde, hatten einige gedacht, dass das Land mit dem Erbe der Sklaverei und der Rassentrennung abgeschlossen hätte. Heute sieht man, dass der gesamte amerikanische Staatsapparat weiterhin von Rassismus verseucht ist. Am unteren Ende mit rassistischen Polizisten, deren Auftrag es ist, das bürgerliche Gesetz und Eigentum zu verteidigen und für die das Leben eines Armen, und vor allem eines armen Schwarzen, nicht viel wert ist. Mit Richtern, die die ärmeren Schwarzen massenhaft hinter Gitter sperren. Und an der Spitze mit Männern wie Trump, der mit rassistischen Sprüchen gegen Schwarze Karriere gemacht hat.

Die derzeitige Explosion der Wut wird auch genährt von der schrecklichen Krise, die die Arbeiterklasse der USA derzeit durchlebt: 41 Millionen Arbeiter sind in den letzten drei Monaten entlassen worden. Dutzende Millionen stehen bei der Armenspeisung Schlange, während die Spekulationen an der Wall Street bereits wieder auf Hochtouren laufen wie vor der Pandemie.
Doch dass die Demonstrationen sich von Buenos Aires bis Jerusalem, von Paris bis Montreal, von Sydney bis Tokio ausgeweitet haben, zeugt auch davon, dass der Rassismus nicht nur in den USA existiert, sondern überall. Weltweit richtet sich Polizeigewalt besonders gegen jene, die nicht die ‚richtige‘ Hautfarbe oder Nationalität haben – und die überdies, wie George Floyd, den Fehler haben, arm zu sein.

Auch in Deutschland sind Zehntausende, unter ihnen viele junge Schwarze und Migranten, auf die Straße gegangen. Viele erzählten zum ersten Mal öffentlich von ganz „normalen“, alltäglichen Erlebnissen, die sie bislang stumm hingenommen hatten: Von den Polizeikontrollen, bei denen sie regelmäßig anders behandelt werden als ihre weißen, deutschen Freunde. Von der Verachtung, die ihnen immer wieder entgegenschlägt – bis hin zu offenem Rassismus, wie bei einer nigerianischen Frau, die erzählte, wie sie zur Polizei ging, um den Diebstahl ihres Portemonnaies anzuzeigen, und der der Polizist höhnisch antwortete: „Bist du beklaut worden oder hast du nicht eher geklaut?“

Neben diesem alltäglichen Rassismus gibt es die Polizei-Skandale der letzten Jahre: Die verschiedenen rechtsradikalen Terrorzellen, die aufflogen und bei denen überall entweder Polizisten oder Soldaten beteiligt waren. Die Gruppe hessischer Polizisten, die sich NSU 2.0 taufte und 2018 monatelang Familien von Rechtsanwälten mit Morddrohungen terrorisierten, weil diese Flüchtlinge und Opfer rechtsradikaler Gewalt vertraten. Die Polizisten, die ihre Sympathie für die rechtsradikalen Gruppen bekundeten, die in Chemnitz Jagd auf Migranten machten. Die verschiedenen großen polizeiinternen WhatsApp-Gruppen mit rassistischen und ausländerfeindlichen Inhalten, die aufgeflogen sind: in Sachsen, Hessen, Schleswig-Holstein…

Ja, auch in Deutschland ist der Polizeiapparat geprägt von Rassismus, Verachtung und Gewalt, insbesondere gegen Migranten und den ärmsten Teil der Bevölkerung. Dies kann auch nicht anders sein. Es hängt zusammen mit der gesellschaftlichen Aufgabe, die die Polizei erfüllt.

Ihre Aufgabe ist es, die bestehende Gesellschaftsordnung zu verteidigen, und die beruht auf sozialer Ungleichheit, Diskriminierung und sozialer Gewalt gegenüber den Ärmeren. Die Aufgabe der Polizei ist, die Reichen vor den Armen zu schützen; die Vermieter gegen Mieter zu unterstützen, die ihre Miete nicht mehr zahlen können; die Läden voller Waren vor denen zu schützen, die sich diese Waren nicht leisten können.
Weltweit ist es ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Unterdrückten die Unterdrückung ertragen, ohne aufzubegehren – notfalls mit Gewalt. Und schon allein, weil die Migranten überall den Großteil der armen und am meisten ausgebeuteten Bevölkerung ausmachen, richtet sich die staatliche Gewalt besonders gegen sie.

In der ganzen Welt regieren die Kapitalisten außerdem nach dem Prinzip „Teile und herrsche“ und nutzen dafür alle Vorurteile, um die Arbeiter untereinander zu spalten: Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit... Und in Minneapolis wie überall stützen die kapitalistischen Staaten sich auf Handlanger in ihrem Apparat, die diese Spaltungen aufrechterhalten und schüren.

Aus all diesen Gründen zieht der Polizeiapparat nicht nur die an, deren Einstellung schon vorher von Rassismus und Verachtung geprägt war. Er verändert auch viele, die jahrelang in ihm arbeiten. Es ist kein Zufall, dass unter den Mitgliedern und Funktionären der AfD überdurchschnittlich viele Polizisten und Soldaten sind.

Man kann nur hoffen, dass der in den letzten Tagen begonnene Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt fortgesetzt wird, dass er größer wird und dass er das Übel an der Wurzel packt: an der kapitalistischen Gesellschaftsordnung.

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