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Nr. 95, März 2017 - Leitartikel

Schulz und Merkel: beide im Dienst der kapitalistischen Klasse

„Die Agenda 2010 ist ein Erfolgsmodell, das man fortsetzen muss“: Mit dieser Aussage hat Angela Merkel zusammengefasst, was die Arbeiter von ihr auch weiterhin zu erwarten haben. Durch die Agenda 2010 konnten sich Leiharbeit, Teilzeit- und Minijobs, Befristungen, Niedriglöhne und Niedrigrenten wie eine Seuche ausbreiten – ganz zu schweigen von HartzIV, das so viele aus der Arbeiterklasse in die Armut getrieben hat. Und all das bezeichnet Merkel als Erfolg! Ganz offen erklärt sie, dass die CDU diese Politik im Dienst der herrschenden Klasse weiterführen will.

Der SPD-Kandidat Martin Schulz versucht dagegen, als „Mann aus dem Volk“, als Kandidat der „Busfahrer, Krankenschwestern, Kellner und Polizisten“ aufzutreten. Er redet davon, die Agenda 2010 zu „korrigieren“. Korrigieren? Was soll man an diesem einzigen großen Angriff auf die Arbeiter korrigieren? Das Einzige, was man im Interesse der Arbeiter mit der Agenda 2010 machen kann, ist sie wieder abzuschaffen.

Davon spricht Martin Schulz natürlich nicht. Er sagt überhaupt wenig Konkretes. Doch zumindest hatte er anfangs versprochen, das Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose wieder zu verlängern.

Die Agenda 2010 hat den Bezug des Arbeitslosengeldes auf ein bis zwei Jahre verringert und damit viele in die Armut gestürzt. Man denke an all die Arbeiterinnen von Schlecker, die mit 50 Jahren entlassen wurden und ihr Dasein mit Minijobs und HartzIV fristen müssen.
Oder die Arbeiter von Opel, Siemens oder Bayer, die „sozialverträglich“ entlassen wurden und die nichts mehr finden als ab und zu Leiharbeitsjobs. Die in HartzIV abgestürzt sind, ihr Haus verkaufen mussten und wissen, dass sie nun bis zum Lebensende in Armut leben – während die Aktionäre ihrer Konzerne die Milliarden gescheffelt haben.
Martin Schulz sagt selbstverständlich nie, dass man gegen die Entlassungen der Kapitalisten etwas unternehmen muss, wenn man die Arbeitslosigkeit ernsthaft bekämpfen will. Für ihn wie für alle Politiker des Bürgertums haben die Unternehmer das heilige Recht, jeden zu entlassen – egal ob sie ihn vorher jahrelang ausgebeutet und an ihm verdient haben.

Schulz hatte einzig versprochen, den Absturz älterer Arbeitsloser in HartzIV etwas abzumildern. Doch selbst dieses kleine Wahlversprechen hat er schon wieder zurückgenommen. Auf einmal heißt es, die Arbeitslosen würden nur deshalb keinen Job finden, weil sie nicht „qualifiziert“ genug wären. Daher sollen nur diejenigen länger Arbeitslosengeld bekommen, die eine Weiterqualifizierung machen. Für 6 Monate Weiterbildung soll man 6 Monate länger Arbeitslosengeld beziehen. Bislang sind es nur 3 Monate.

Kann man ältere Arbeitslose mehr verhöhnen als sie quasi zu zwingen, mit 55 Jahren eine Umschulung zu machen, um „bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben“? Als ob irgendwer sie einstellt, wenn sie mit 57 einen neuen Beruf gelernt haben!

Mit der Behauptung, mangelnde „Qualifikation“ wäre der Grund für die Arbeitslosigkeit, schieben sie uns – also den Opfern von Entlassungen und Arbeitslosigkeit – die Schuld dafür in die Schuhe! Weil sie von den wahren Verantwortlichen nicht reden wollen:
Von Konzernen wie VW, Metro oder E.ON, die tausende Arbeitsplätze abbauen und die übrigen Arbeiter noch mehr schuften lassen, um die Profite zu erhöhen. Von Bayer oder der Deutschen Bank, die dutzende Milliarden für den Aufkauf anderer Konzerne oder für Spekulationsgeschäfte aus dem Fenster werfen – und das Geld durch den Abbau tausender Arbeitsplätze von Chemiearbeitern oder Bankangestellten wieder reinholen wollen.

Die Arbeitslosigkeit ist keine Naturkatastrophe, die man über sich ergehen lassen muss. Sie ist ein Ausdruck des Krieges der Kapitalisten gegen uns Arbeiter. Und eine ihrer wichtigsten Waffen. Mit der Drohung, uns zu entlassen, erpressen sie von uns immer mehr Arbeit und schlechtere Bedingungen. Mit der Erpressung „Entweder den Vertrag oder gar keinen“ zwingen sie uns in Leiharbeit, Niedriglohn- und Teilzeitjobs. Und die Agenda 2010, die all das gesetzlich erlaubte und die Arbeitslosen mit der Keule von HartzIV zwingt, jeden Job anzunehmen, hilft ihnen enorm dabei.

Es gibt nur einen Weg: Wir Arbeiter müssen selber durchsetzen, dass Entlassungen und Stellenabbau verboten werden, angefangen bei allen Betrieben, die Profite machen oder gemacht haben.
Wir müssen die Unternehmer zwingen, einen Teil der von uns erarbeiteten Profite, die heute eine Handvoll Aktionäre bereichern, zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu verwenden. Statt die einen wie Zitronen auszupressen, während die anderen arbeitslos sind oder mit Minijobs herumkrebsen, muss die Arbeit unter allen aufgeteilt werden, sodass jeder einen Job und einen Lohn hat, von dem man vernünftig leben kann.

Und wir werden feststellen, dass dafür genug Geld da ist: Wenn wir Arbeiter uns das Recht nehmen, die Geschäftsbücher und Konten der Firmen, Aktionäre, ihrer Geschäftspartner und Familienangehörigen zu kontrollieren, um zu überprüfen, wo das Geld wirklich hinfließt – Schlecker lässt grüßen!

Diese Maßnahmen sind Notwehr: Sie sind der einzige Weg, um unsere Abwärtsspirale aufzuhalten.

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