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Nr. 46, Oktober 2012 - Leitartikel

Bundestagswahl: Zwei Kandidaten... für ein und dieselbe Politik

Hatte noch jemand Zweifel, was die Bundestagswahl im nächsten Jahr bringen kann? Die SPD hat sie spätestens mit der Wahl ihres Kandidaten beseitigt. Peer Steinbück als Kandidat der SPD ist die klare Botschaft: Gewinnt die SPD 2013 die Wahlen, dann wird sie dieselbe Politik fortsetzen, die heute Merkel und gestern Schröder gemacht hat.
 
Die SPD konnte kaum einen Kandidaten wählen, der mehr in der Welt der Manager und Konzerne lebt. Eine Million Euro hat Steinbrück seit 2009 noch „neben“ dem hohen Einkommen als Bundestags-Politiker kassiert. Auch an Tagen von Bundestagssitzungen geht er lieber zu einer Bank, Versicherung oder einem Konzern, um deren Managern Vorträge darüber zu halten, wie sie trotz Krise möglichst viel Gewinn machen können. Ein solcher Politiker zeigt offen, mit wem und für wen er Politik machen will… und das sind nicht wir Arbeitenden.

Bei Steinbrück weiß damit von Anfang an jeder, was letztlich für alle Politiker gilt: Dass sie – egal was sie im Wahlkampf erzählen – im Dienst der Banken, Konzerne und Unternehmer stehen und für sie Politik machen.

Steinbrück konnten wir dabei schon live erleben. Schließlich war er Ministerpräsident von NRW zwischen 2002 und 2005. Gemeinsam mit Schröder hat er in dieser Zeit die Agenda 2010 umgesetzt, das heißt HartzIV, „Gesundheitsreform“ und 1-Euro-Jobs eingeführt, die Renten gesenkt und die Regelungen zu Kündi­gungsschutz, Leiharbeit und Befristung aufgeweicht.

Und wenn man Steinbrück heute fragt, dann ist diese Agenda 2010, mit der sich Leiharbeit, Niedriglöhne und Armut wie eine Seuche ausgebreitet haben, das Beste was uns hätte passieren können. Kein Wunder, dass viele CDU-Wähler den SPD-Kandidaten gerne mögen!
 Zwar versucht Steinbrück nun im Wahlkampf, als Gegenkandidat zu Merkel und ihrer Politik aufzutreten. Doch das fällt ihm sichtlich schwer. Umso mehr, da er selbst mal Merkels Finanzminister war. Zusammen haben sie zwischen 2005 und 2009 in der großen Koalition regiert. Zusammen haben sie 450 Milliarden Euro zur „Rettung“ der spekulierenden Banken aufgetrieben und gleichzeitig die Rente ab 67 eingeführt.
Und es ist gut möglich, dass es nächstes Jahr wieder zu einer CDU-SPD-Koalition kommt und der heutige SPD-„Gegenkandidat“ von Merkel vielleicht wieder ihr Minister wird.
 
Dass die SPD Steinbrück, den Freund der Bosse, zu ihrem Kandidaten gemacht hat, ist also ein ganzes Programm. Im Vergleich dazu wirken selbst Schröders Reden in seinem Wahlkampf 1998 noch fast wie die von einem linken Arbeiterkämpfer.
Mit Steinbrück hingegen schürt die SPD nicht einmal mehr die Illusion, dass die Minijobber, die Arbeitslosen, die ärmeren Rentner, überhaupt die arbeitende Bevölkerung auch nur irgendwelche konkreten Verbesserungen von ihr erwarten könnten.

Das hat Gründe. In der sich verschärfenden internationalen Krise, in der die Unternehmen nicht mehr so viel verkaufen können, greifen die Kapitalisten stattdessen umso heftiger die arbeitende Bevölkerung an, um aus ihr ihre Gewinne rauszupressen: Entlassungen, Lohnkürzungen, Hetze ohne Ende... Und da das nicht reicht, sollen ihnen die Staaten das übrige Geld aus der arbeitenden Bevölkerung herausholen.
Von der Regierung verlangen sie deshalb, dass sie immer neue Schulden macht, um den Banken und Un­ternehmen immer neue Milliarden zu schenken – in Form von Rettungsschirmen, Wirtschaftshilfen usw. Dass sie dafür alles, was geht, bei der einfachen Bevölkerung zusammenspart. Und dass sie ihnen alle Gesetze so verändert, dass die Ausbeutung der Arbeiter immer einfacher wird, ohne Kündigungsschutz, mit Mini-Löhnen...

Eine Regierung, die nicht bereit ist, sich ernsthaft mit den Kapitalisten anzulegen und sich gegen sie zu stellen, ist daher in der heutigen Krise zwangsläufig eine Kampfregierung gegen die Arbeiter. Wir sehen es in ganz Europa: Ob in Spanien, Griechenland, Portugal oder Frankreich, überall sehen wir Kampfregierungen, die die Bevölkerung mit einem Schlag nach dem anderen weiter ins Elend drängen, während sie die Kapitalisten retten – und zwar egal, ob an ihrer Spitze ein Rechter oder ein Sozialdemokrat steht.
Und mit Steinbrück signalisiert die SPD klar und eindeutig, dass auch sie, wie die CDU, sich auf diese Rolle als Krisen-Rammbock gegen die Arbeiter für die Kapitalisten vorbereitet.

Wir Arbeitenden brauchen also gar nicht darauf warten, wer die neue Regierung stellt und was sie macht. In der heutigen Krise wird es keine gute Regierung für die einfache Bevölkerung geben. Wir müssen uns in jedem Fall selber gegen die fortwährenden Verschlechterungen, gegen die Angriffe von Unternehmen und Regierung verteidigen. Und je eher wir damit anfangen, desto besser.

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