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Nr. 122, September 2019 - Internationales

Hong Kong: Trotz wachsender Repression geht die Protestbewegung weiter

Auch nach drei Monaten geht die Protestbewegung in Hong Kong weiter. Zwar hat die Regierung das Gesetz zurückgezogen, das die Bewegung ausgelöst hat, weil es die Auslieferung von Einwohnern Hong Kongs an den chinesischen Staat ermöglicht hätte. Doch längst geht es um viel mehr.

Die Demonstranten verlangen mehr Demokratie. Und sie wollen ihre bestehenden demokratischen Rechte verteidigen, die sie durch das chinesische Regime bedroht sehen. Denn die ehemalige britische Kolonie Hong Kong gehört zwar seit 1997 wieder zu China, aber sie hat einen Sonderstatus, der der Bevölkerung unter anderem gewisse demokratische Rechte zusichert.

Vor allem jedoch macht dieser Sonderstatus Hong Kong zur Drehscheibe für Handel und Finanzgeschäfte zwischen China und den westlichen Staaten. Allein im Finanzsektor arbeitet eine Viertel Million Menschen. Das Land zählt Milliardäre und Luxustouristen. Unfassbare Reichtümer wandern jeden Tag durch das Land, von denen ein winziger Teil für die kleinbürgerlichen Schichten abfällt, die heute an der Spitze der Protestbewegung stehen.

Doch die Krise spitzt sich auch hier weiter zu. Allein die Mieten sind in den letzten fünfzehn Jahren um 400% gestiegen. Dies trifft alle Arbeitenden, die Bankangestellten am oberen Ende der Leiter – und erst recht die Millionen Arbeiter, die unter armseligen Bedingungen in Restaurants, auf dem Bau oder in Supermärkten schuften.
Auch wenn es in der Protestbewegung in erster Linie um demokratische Forderungen geht, ist der immer unerträglichere Kontrast zwischen Arm und Reich ihr Hintergrund.

Die Bewegung ist ein Alptraum für die chinesische Regierung – vor allem aus Sorge, sie könnte sich auf andere Gebiete Chinas ausweiten, in denen die Arbeiter durch die Wirtschaftskrise derzeit Massenentlassungen und Werkschließungen ausgesetzt sind. Eine der hochindustrialisierten Provinzen Chinas, Guangdong, liegt nur wenige Dutzend Kilometer von Hong Kong entfernt!
Mit einer Mischung aus winzigen Zugeständnissen und Repression haben die Regierung Hong Kongs und der chinesische Staat daher versucht, die Bewegung zu ersticken. Doch weder Tränengas, noch Massenverhaftungen, noch die Angriffe durch Gangster der Triaden, noch die Stationierung von chinesischen Truppen vor der Grenze Hong Kongs haben die Bewegung bislang einschüchtern können.

Die westlichen Staatschefs und Wirtschaftsvertreter, die anfangs ein paar freundliche Worte für die Demokratiebewegung hatten, erwarten ebenfalls sehnlichst ihr Ende. Immer deutlicher erklären sie, dass „die Protestbewegung doch ihr Ziel erreicht habe“, dass man „statt Straßenprotesten jetzt einen konstruktiven Dialog mit der Regierung“ führen müsse… Die Proteste sind nämlich nicht nur schlecht fürs Geschäft. Vor allem treibt auch die Kapitalisten der reichen Staaten die Sorge um, dass die Bewegung der Funken werden könnte, der das Pulverfass entzündet, dass ihre brutale Ausbeutung von hunderten Millionen Arbeitern in China geschaffen hat.

Gerade dies aber könnte ganz andere, wirkliche Perspektiven eröffnen: Für die so zahlreichen Arbeiter in China, aber auch für die Bewegung in Hong Kong und letztlich für die Arbeiter weltweit.

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