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Nr. 127, Februar 2020 - Leitartikel

Vor der rechtsextremen Gefahr müssen wir Arbeitenden uns selber schützen!

Seit der Thüringen-Wahl gab es mehrere Rücktritte führender CDU- und FDP-Politiker, darunter die CDU-Chefin AKK. Es ist eine Folge von dem, was diese Wahl ans Licht gebracht hat: Dass es in CDU und FDP einflussreiche Gruppen gibt, die bereit sind, mit Unterstützung der AfD zu regieren, wenn sie mit ihren üblichen Koalitionen nicht mehr an die Macht kommen können.

Da CDU und SPD durch ihre jahrzehntelange arbeiterfeindliche Politik viele Wähler dauerhaft vergrault haben, haben ihre üblichen Koalitionen immer seltener eine Mehrheit. In Thüringen haben sogar CDU, SPD, Grüne und FDP zusammen keine Mehrheit. Mit Abstand die meisten Stimmen hat in Thüringen Die Linke erhalten. Jeder ist also selbstverständlich davon ausgegangen, dass ihr Spitzenkandidat Ramelow wieder Ministerpräsident wird.

Doch CDU und FDP wollten trotz ihrer wenigen Stimmen an die Macht kommen. Dafür haben sie sich mit der AfD zusammengetan. Und, um die Linke von der Regierung zu vertreiben. Denn die ist zwar gerade in Thüringen eine sehr angepasste Partei. Doch CDU, FDP und AfD hassen sie für das, was Die Linke symbolisch noch verkörpert: die Kritik am Kapitalismus und den Kampf der ArbeiterInnen für ihre Rechte und für eine andere, gerechtere Gesellschaft.

CDU und FDP sind nicht einmal davor zurückgeschreckt, dass sich die AfD in Thüringen unter ihrem Vorsitzenden Höcke offen auf die Nazizeit und die Rassentheorie bezieht und rechtsradikale Schläger in ihren Reihen willkommen heißt. Mit deren Unterstützung haben sie ihren FDP-Kandidaten, der nicht mal 5% der Wählerstimmen hatte, zum Ministerpräsidenten machen lassen!

Noch am selben Tag haben sie die Bildung einer Regierung verkündet. Und erst, nachdem sofort empörte Demonstrationen stattfanden und es bundesweit einen Aufschrei gab, sind sie einen Tag später zurückgerudert. Ganze Teile der CDU verteidigen diesen Plan einer AfD-gestützten Regierung jedoch weiterhin: Der konservative CDU-Flügel „Werte-Union“, der Vorsitzende der Jungen Union, der bisherige Ost-Verantwort-liche der Bundesregierung, Teile der Landtagsfraktion Sachsen-Anhalts…
Vor wenigen Monaten noch wurde die CDU in Sachsen gewählt, weil sie erklärte, sie wäre ein Schutzwall vor der AfD, nur sie könne eine AfD-Regierung verhindern. Hier sieht man, wie es um diesen „Schutzwall“ bestellt ist!

Wundern kann es einen eigentlich nicht. In den letzten Jahren haben in mehreren EU-Ländern konservative und liberale Parteien mit den Schwesterparteien der AfD zusammen regiert: in Italien, in Österreich… Dort haben sie bereits bewiesen, dass sie eben kein unüberwindbarer Graben trennt: Sie haben gemeinsam offen arbeiterfeindliche Regierungen für die Kapitalisten gebildet und Gesetze wie den 12-Stunden-Arbeitstag, Abschaffung von Steuern für Konzerne und Reiche ebenso wie widerwärtige Schikanen gegen Migranten eingeführt.

Ja, die AfD tut immer so, als wäre sie eine „Alternative“ zum bisherigen politischen System. Gerade Höcke hat ständig gegen die CDU, gegen Merkel und andere Politiker gehetzt, ja sie bedroht – und hat erklärt, die AfD würde nur allein regieren, wenn sie mindestens 51% der Stimmen habe. Doch sobald sich die Gelegenheit bot, näher an die Futtertröge der Regierung zu kommen, war die AfD zu jeder Mauschelei bereit und hat genau diese „etablierten“ Parteien unterstützt.

In ihrer Gier nach Macht und Posten, in ihrem Betrug an den Wählern unterscheidet sich die AfD kein Stück von den anderen Parteien – und ebenso wenig darin, dass sie an der Regierung uns Arbeiter noch ärmer, noch ausgebeuteter und die Kapitalisten noch reicher machen würde.
Mit der AfD an der Regierung jedoch würden zudem alle Arbeiter mit Migrationshintergrund und vor allem mit muslimischem Glauben besonders schikaniert. Mehr noch: Eine AfD an der Regierung würde all diejenigen anstacheln, die ihre Vorstellungen mit Einschüchterung und Gewalt durchsetzen wollen.

Seit die AfD so viele Stimmen hat, trauten sich 6.000 Rechtsradikale, sich 2018 in Chemnitz zusammenzurotten und Jagd auf alle zu machen, die eine dunklere Hautfarbe hatten. Seitdem patrouillieren in Mönchengladbach oder Essen- Steele Rechtsradikale jede Woche durch den Stadtteil und versuchen, mit Gewalt alle mundtot zu machen, die sich gegen sie stellen. Wie stark würden sich all diese Kräfte erst fühlen, wenn die AfD mit in der Regierung wäre!

Und das ist vielleicht gar nicht mehr so fern. Der Stimmverlust von CDU und SPD führt immer häufiger zu komplizierten Koalitionen mit ständigen politischen Krisen. Man denke nur an die regelmäßigen Dramen in der Großen Koalition oder das peinliche Schauspiel der letzten Tage!
Dieser ständige Politiker-Zirkus – während die arbeitende Bevölkerung wirklich andere Sorgen hat – kann die AfD nur weiter stärken, und damit auch die Kräfte in CDU und FDP, die mit der AfD zusammenarbeiten wollen.

Wir, die arbeitende Klasse, müssen uns selber vor der rechtsextremen Gefahr schützen. Das fängt damit an, dass wir uns dieser Gefahr bewusst werden. Und auch damit, dass wir anfangen, uns gegen die jetzige Regierung und die Bosse zu wehren, gegen Entlassungen, Sparpläne, Mietwucher… und damit gegen den Nährboden, auf dem die Rechtsextremen stärker werden. Nur indem wir anfangen, für unsere materiellen Interessen zu kämpfen, können wir als Arbeiterklasse organisiert, stark und selbstbewusst genug werden, um auch der tödlichen Gefahr der extremen Rechten entgegenzutreten.

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