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Nr. 43, Juni 2012 - Ihre Gesellschaft

Kitas: Ja, wo sind sie denn?

Immer flexibler sollen die Arbeitskräfte heute sein, die Unternehmen verlangen von Verkäuferinnen auf Abruf bereit zu stehen, wollen Massen von Leiharbeitern, die heute hier morgen dort arbeiten, zu immer wechselnden Schichten... Da gibt es nur ein Problem: Denn was ist, wenn diese „Arbeitskräfte“ gleichzeitig Eltern sind? So schreien auch Unternehmerverbände mittlerweile nach dem dringend fälligen Ausbau von Kitaplätzen. Doch die sind immer noch Mangelware.
Zwar hat die Regierung schon vor 4 Jahren beschlossen, dass ab August 2013 jedes Kind das Recht auf einen Kita-Platz hat… allerdings ohne den Kommunen das nötige Geld dafür zu geben. Und so gibt es heute weder die Gebäude, noch die Einrichtungen, noch ausreichend ausgebildete Erzieherinnen.
Und natürlich – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – überlegt die Regierung nun, ob man das Problem nicht dadurch verringern könne, dass sie die Kitas billiger macht: Indem sie kleinere Räume und größere Gruppen zulässt, betreut durch Freiwillige oder Arbeitslose, die nur einen Kurzlehrgang erhalten haben – und die man entsprechend schlechter bezahlen kann. Dabei arbeitet schon heute ein Drittel der ausgebildeten Erzieher für weniger als 1500 Euro brutto, oft auch noch in erzwungener Teilzeit; arbeitet mit Personalmangel in bereits überfüllten Gruppen mit entsprechend Stress und Lärm.
Während es in den Kitas an allen Ecken fehlt, ist es der Regierung aber 1,2 Milliarden Euro pro Jahr wert, die CSU-Wähler mit dem Betreuungsgeld zu beglücken und im Jahr 2012 für ein Familienbild zu werben, wo die Frau hinterm Herd steht und die Kinder hütet. Offensichtlich hoffen sie dabei auch, dass Familien dafür auf einen Kitaplatz verzichten und sie weniger Plätze anbieten müssen. Dieser Plan dürfte allerdings nicht aufgehen. Denn die 100 Euro werden die meisten Frauen (zum Glück) kaum davon abhalten, arbeiten gehen zu wollen. Und die einzigen, für die die 100 Euro wirklich viel ausmachen würden, zum Beispiel die vielen alleinerziehenden Mütter, die auf HartzIV angewiesen sind oder die Nie-driglöhner, die mit HartzIV aufstocken – die bekommen nicht einmal das, weil es ihnen direkt wieder abgezogen wird.
Dabei wären gut ausgestattete Kitas mit ausgebildeten, ungestressten Bezugspersonen so enorm wichtig: Die vielseitigen Anreize, die sie den Kindern bieten können, könnten den Kindern wesentlich bessere Voraussetzungen für ihren Start ins Leben, für ihre Entwicklung und Entfaltung geben. Musik, Tanz, Sport, Zugang zu Wissenschaften, Sprache und Kunst, all das könnten die Kleinen spielerisch kennenlernen. Aber dafür sind Mittel notwendig, die im Kapitalismus nur den Kinder der höheren Schichten zur Verfügung gestellt werden.

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