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Nr. 40, März 2012 - Ihre Gesellschaft

Ein Machtmittel in den Händen der Arbeiter

Ganz offensichtlich können die Kapitalisten es nicht ertragen, wenn wir streiken. Sobald es nicht mehr bei kurzen Warnstreiks bleibt, versuchen sie alles, um den Arbeitenden Knüppel zwischen die Beine zu werfen – so wie am Frankfurter Flughafen. Als die rund 200 Vorfeldarbeiter ihre Streiks für deutlich höhere Löhne nicht wie gewohnt nach 1 oder 2 Tagen beendeten und dann noch 2000 Fluglotsen zu ihrer Unterstützung ebenfalls 6 Stunden streiken wollten, hat der Arbeitgeber Fraport das Gericht eingeschaltet. Die Richter haben sich auf die Seite des Unternehmers Fraport gestellt: Sie haben den Streik der Vorfeldarbeiter mit dem Argument verboten, er sei „illegal“, und den Solidaritätsstreik der Fluglotsen mit der Begründung, er sei „unverhältnismäßig“.

Nach ihren Gesetzen ist es natürlich nicht illegal, wenn Unternehmen (wie übrigens auch Fraport in manchen Bereichen) Beschäftigte für 5 Euro die Stunde arbeiten lassen oder trotz Milliardengewinnen tausende Arbeiter entlassen. Dieselben Gerichte halten es auch nicht für unverhältnismäßig, wenn Wulff für nicht einmal 2 Jahre als Bundespräsident 200.000 Euro Rente im Jahr erhält, oder wenn die Banken den Staat um hunderte Milliarden an Rettungsgeldern erpressen.

Uns kann der Zorn der Bosse vor allem daran erinnern, welche potenzielle Macht die Arbeitenden in den Händen halten; ein Machtmittel, das vielen von uns gar nicht mehr bewusst ist: Weil die Arbeitenden diejenigen sind, die alles in der Gesellschaft am Laufen halten, die alles produzieren, sind sie auch diejenigen, die alles anhalten können – und damit die Herrschenden unter Druck setzen.
Wir haben gesehen, wie spürbar es sein kann, wenn gerade einmal 200 Arbeitende einige Tage lang streiken. Oder wenn wie vergangene Woche über hunderttausend Arbeitende aus dem Öffentlichen Dienst, Busfahrer, Müllwerker und Kindergärtnerinnen nur einen Tag ihre Arbeit niederlegen.

Derzeit sind die Streiks sehr begrenzt und voneinander getrennt. Für die gleiche Forderung von 6,5% mehr Lohn zum Beispiel beginnen die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie einen Monat später, in der Chemie wieder zwei Monate später. Doch wir können uns vorstellen, welche Kraft und Macht die Arbeitenden entwickeln könnten, wenn wir über Berufe und Branchen hinweg gleichzeitig und gemeinsam streiken und kämpfen würden. Wenn Fabriken und Bahnen, Kaufhäuser und LKWs tagelang still stehen und hunderttausende oder Millionen Arbeitende auf der Straße sind, dann ist es möglich, die langjährige Offensive der Kapitalisten und der Regierung aufzuhalten, den Spieß umzudrehen und endlich wieder Interessen der Arbeitenden durchzusetzen.

Dafür braucht die arbeitende Bevölkerung gemeinsame Forderungen, Forderungen, die für alle Arbeitenden mit und ohne Arbeitsplatz zentral sind, die die gesamte Arbeiterklasse vereinen können. Und das, was wir alle dringend brauchen, sind zum einen deutlich höhere Löhne, die außerdem automatisch bei jeder Preissteigerung mitsteigen; und zum anderen vernünftige Arbeitsplätze für alle, durch das Verbot aller Massenentlassungen in den privaten Betrieben und die massenhafte Schaffung von festen Vollzeitarbeitsplätzen überall dort, wo sie im Öffentlichen Dienst nötig sind.

Und an dem Tag, an dem sich die Arbeiterklasse dazu entschließt, wie in früheren Zeiten mit ihrem Machtmittel, dem Massenstreik, für ihre gemeinsamen Forderungen zu kämpfen, werden auch keine Drohungen der Unternehmer, kein Gesetz und kein Streikverbot sie aufhalten können.

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