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Fabriken, Baustellen: Profitgier trifft auf Kontaktverbot

Offiziell darf auch in Betrieben nur noch dann gearbeitet werden, wenn die Regeln des Kontaktverbots eingehalten werden können. Viele Arbeiter aus Fabriken, Werkstätten und von Baustellen – die nicht zur lebensnotwendigen Grundversorgung gehören – waren daher selbstverständlich davon ausgegangen, dass ihre Betriebe nun für einige Wochen schließen. Doch von wegen!

Vielfach müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter weiter zu Dutzenden oder Hunderten in Werkshallen arbeiten, nicht selten mit Umluftanlagen. Die Hallen sind ideale Verbreitungsstätten für Viren. Und die einzige Maßnahme der Werksleitungen besteht oft darin, die Hälfte der Stühle aus den Pausenräumen zu entfernen… und die Arbeitenden in Mails, Aushängen und schönen Vorträgen dazu aufzufordern, beim Arbeiten anderthalb Meter Abstand zu halten und sich die Hände zu desinfizieren. Ein Hohn!

Bei den Parlamentsdebatten wird nach jeder Rede eines Politikers das Rednerpult und das Mikrofon von einer Servicekraft gesäubert, da die Viren sich auf den Oberflächen halten und so übertragen werden können. Aber die Arbeiter müssen sich weiter zu Dutzenden in engen Umkleiden und an Spinden tummeln, müssen auf Toiletten gehen, die erst gereinigt werden, nachdem zwanzig oder dreißig verschiedene Arbeitende sie benutzt haben – oder gar auf ein Baustellen-Dixi-Klo ohne fließend Wasser? Es gibt kein Grund, warum die Gesundheit eines Arbeiters weniger schützenswert ist als die eines Politikers – oder die der Manager, die fast überall längst zuhause bleiben.

Viele Arbeiter haben ihren Unmut über Facebook zum Ausdruck gebracht. In einer Reihe Betriebe hat ein Drittel oder die Hälfte der Kollegen einen Krankenschein genommen, vor allem Ältere und Arbeitende mit gesundheitlichen Vorbelastungen. Und in einigen Betrieben haben sie es geschafft, sich zusammenzutun und gemeinsam die zeitweise – bezahlte – Schließung des Betriebs zu fordern. Das ist der einzige Weg. Für die Bosse zählt nur, um jeden Preis weiter zu produzieren. Angesichts ihrer Fahrlässigkeit sind die Arbeitenden gezwungen, für jede ernsthafte Maßnahme zum Schutz ihrer Gesundheit zu kämpfen.